Neben der (ebenfalls auf PURE besprochenen) DeLuxe-Ausgabe von Fairport Conventions bahnbrechendem “Liege & Lief”-Album (1969) beleuchtet die sensationell umfangreiche 4-CD Box: “Sandy Denny – Live At The BBC” das goldene Zeitalter des Folkrocks .
Sandy Denny, neben Vashti Bunyan die “größte unterschätzte” Sängerin Englands der späten 60er, hatte ihren künstlerischen Höhepunkt 1968 und ´69 auf den Fairport-Alben “What We Did On Our Holidays” “Unhalfbricking” und “Liege & Lief” – darauf haben sich Musikwissenschaftler und Folkfans irgendwie geeinigt. Nichtsdestotrotz verließ Denny die Band direkt danach, weil sie ihre eigenen Songs aufnehmen wollte. Das Fairport-Konzept war ihr zu traditionsbezogen. Mit ihrer Band Fotheringay und später auf drei hervorragenden Soloalben gab sie ihrem prägnanten Songwriting wie auch ihrer puren, prismatischen, charismatischen und mysteriösen Altstimme den nötigen Raum. Sandy Denny war ein komplexer Charakter, sie litt unter Depressionen und hatte Probleme mit Alkohol und Drogen. | Wirklich berühmt wollte sie nie werden. Die Konkurrenz von Joni Mitchell und Judy Collins kam ihr nicht geheuer vor, auch wenn sie sich geschmeichelt fühlte, als Collins und auch Nina Simone ihren Song “Who Knows Where The Time Goes” coverten. Das größere Rockpublikum kannte ihre Stimme höchstens durch Led Zeppelins “The Battle Of Evermore”, auf dem sie singt. Nach ihrem tragischen, absurden Tod 1978, geriet sie – ähnlich wie Nick Drake – in Vergessenheit. Im Zuge der Folkrenaissance unseres Jahrhunderts hat man sie (beide) wiederentdeckt, und ihre Soloalben sind remastert auf CD erschienen. Eine Sensation für Fans ist nun die 4CD-Box “Sandy Denny – Live At The BBC”. Auf drei Audio-CDs und einer DVD erscheint Sandy Denny solo, ungeschminkt und überwältigend. Das Material repräsentiert sie zwischen 1966 und 1973. Es besteht u.a. aus remasterten Livemitschnitten verschiedener BBC-Shows (“Cellar Full of Folk”, den Shows von Bob Harris und John Peel), ihrem Konzert im Paris Theatre 1972, darüber hinaus aus einem Audio-Interview, einem TV-Auftritt und elf Off-Air-Aufnahmen. Dazu, in Buchform: ein knapp 50seitiges Booklet mit Fotos, Zeichnungen und Song-Manuskripten. Der Kreis hat sich geschlossen: Nick Drake, Fairport Convention und Sandy Denny sagen vielen heutigen Hörern genau so viel – oder mehr, als vor knapp vierzig Jahren.