Manchmal genügt eine einzige LP, um eine neue Subkultur loszutreten. Eine LP, die später einen historischen Moment in der Popgeschichte markiert. Sly Stones “There´s A Riot Going On” gehört dazu, David Bowies “Ziggy Stardust”, womöglich (auf subtilerer Ebene) das Debütalbum der Arctic Monkeys.
“All Mod Cons” von The Jam war 1978 der Urknall des Mod-Revivals in England. Viele schmissen nach Erscheinen dieses Albums die Punkrockerlederjacke weg und besorgten sich einen Parka der US-Army. “Wir schufen unsere eigene Szene”, schreibt Paul Weller im Booklet der gerade veröffentlichten DeLuxe-Edition von “All Mod Cons”. Waren jedoch im originalen Modzeitalter der 60er die Fronten klar abgesteckt zwischen Scooter fahrenden Modernists und bikenden Rockern, so entledigte sich Paul Weller fünfzehn Jahre später nie so ganz seiner eigenen Punkrockwurzeln. Auch wenn Punk als Musik bereits 1977 tot für ihn war und er sich optisch vom Punk-Look distanzierte, indem er sich zum Neomod machte. Auf dem dritten Album von The Jam vermischte der damals 20jährige Weller die raue Spontanität von Punk mit melodischem Songwriting und pointierten Alltagserzählungen.
Stilistisch orientierte er sich an den originalen Modbands, an Ray Davies und den Kinks, an The Who und The Small Faces. Thematisch sprengte Weller den Rahmen mit düsteren Songs, wie “Bomb In Wardour Street” (eine Spitze in Richtung der Punkbewegung) oder dem epochalen Großstadtkrimi “Down The Tube Station At Midnight”. Der NME beschrieb das Album bei Veröffentlichung als “frischer und neuer als alles andere in diesem Jahr.” Zum ersten Mal zogen The Jam in die britischen Top 10 ein, erreichten dort Platz 6. Für Fans ist “All Mod Cons” heute das beste Jam-Album aller Zeiten. Es trägt den Löwenanteil aller Jam-Hits und es ist nach wie vor brillant und relevant. Ohne “All Mod Cons” hätte es so nicht The Smiths, Oasis oder Radiohead gegeben, würde es heute so nicht Franz Ferdinand, The Killers und The Kaiser Chiefs geben. Paul Weller ist ein englischer Poparistokrat. Völlig zurecht wurde er in diesem Jahr in der “Outstanding Contribution”-Kategorie der Brit-Awards geehrt. Eine Wiedervereinigung von The Jam ist für Weller jedoch ausgeschlossen. “Warum sollte ich das tun?”, fragte er im Interview mit dem Magazin Uncut. “Aus nostalgischen Gründen? Das reicht nicht.” |"All Mod Cons" ist als remasterte DeLuxe-Edition erschienen. Neben den Songs der Original-LP befinden sich dort 14 Bonustracks: Single-B-Seiten, Demos und Alternate-Versionen. Zusätzlich enthält die Verpackung eine DVD mit einer 40minütigen Doku hinter den Kulissen von “All Mod Cons” ebenso wie Promoclips und neuen Interviews. Die Regie führte Don Letts.