Van Morrison | Musik | Enlightenment

Kunst oder Kommerz? Nie stellte sich diese Frage bei Van Morrison. Unter seine “New Age”-Phase der 1980er hatte der irische Singer-Songwriter mit “Avalon Sunset” einen dicken Strich gemacht. “Enlightenment”, nur ein Jahr nach “Avalon Sunset” veröffentlicht, knüpft an die Stimmung seines bestverkauften Albums an, ist aber subtiler, wirft Blicke zurück, auf die großen Soul- und die großen Zen-Meister, auch sich selbst lässt Morrison textlich und musikalisch Revue passieren, in einer Suite aus zehn Stücken. Eckpfeiler: der Opener “Real Real Gone”. Diesen keltischen Soulstampfer, einer von Vans bekanntesten Songs, schrieb er bereits 1980, aber auf keines seiner Alben jener Dekade wollte er passen. Dort und auf “Youth of 1000 Summers” klingt Morrison so soulig wie auf seinem dritten Album “Moondance” (1970). Tom Fogerty und Bluesgott John Lee Hooker haben “Real Real Gone” gecovert. Diametral gegenüber, der Titeltrack, eine in Nylonseiten und Wurlitzer-Keyboard eingeweichte Ballade mit der Bilanz: “Enlightenment, don’t know what it is…(Mundharmonika-Solo)”. Und das macht Morrisons Alben, nicht zuletzt dieses, so faszinierend: Die direkte Abfolge von Hits, von (heute gehört) extrem eingängigen, gar kommerziellen Melodien, Bläsercharts, Voicings mit sehr persönlichen, gern auch mal verqueren Songs. Beides derart gut gemacht, komponiert, arrangiert und eingespielt (von Morrison und dutzenden weiteren, namentlich dem famosen Georgie Fame und den legendären Ambrosian Singers), dass man sich nach dem zwanzigsten Hören (und dazu mag es leicht kommen) davon fragt, was noch mal was war. Kunst, Kommerz, Spiritualität, Sex? Suchen Sie es sich aus. Großartige Musik ist “Enlightenment” allemal. Entscheidend: die Soundqualität der neuen Auflage, im 24Bit-Verfahren direkt von den analogen Masterbändern remastert. Fanveranstaltung der Edition: die beiden Alternate-Takes im Bonusmaterial.