Die Redewendung „Das Beste kommt zum Schluss“ wurde schon in den Sprichwortbüchern des 19. Jahrhunderts aufgelistet und im Laufe der Zeiten scheint dieses geflügelte Wort ein wenig überstrapaziert worden zu sein, doch manchmal trifft es diese Formulierung auf den Punkt. So wie bei Ute Freudenbergs neuem Album „Stark wie nie“.
Zunächst handelt es sich um ein typisches Ute Freudenberg-Album. Unwiderstehliche Melodien, die sich sofort in den Gehörgängen einnisten; lebensnahe und stets optimistische Texte, die Herz und Hirn gleichermaßen erreichen; eine nuancenreiche Stimme, die am Innersten rüttelt sowie das Wissen, dass Kunst von Können kommt, bilden das Fundament, auf dem faustdick Leidenschaft, Herzblut und Authentizität geschichtet wird.
Und doch ist dieses Album so viel mehr. Erneut schwingt sich die charismatische Sängerin auf ein höheres Qualitätslevel. Die elf neuen, sehr emotionalen Songs, die nie nur aus einem Genre gespeist sind, strotzen nur so vor Energie und Einfallsreichtum und sind ein veritabler Nachfolger des Albums „Ich weiß, wie Leben geht“ (2019), mit dem sie sich im ersten Drittel der offiziellen Albumcharts platzieren konnte. Weiterhin gilt: Belanglosigkeit und Beliebigkeit haben im Schaffen der Weimarer Künstlerin nichts verloren.
„Stark wie nie“ beginnt mit dem gleichnamigen Song. Eingängig und mitreißend entwickelt sich das Stück zur ultimativen Mutmachhymne. In diese Liga – hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen – reihen sich auch weitere Tracks. Etwa das ebenso bereits als Single ausgekoppelte „Jetzt erst recht“, das lebensbejahende „Keine Option“ oder das gut gelaunte, von Ute Freudenberg selbst getextete „So kann es weitergeh’n“.
„Ne kleine Party“ handelt davon, dass man um eine gescheiterte Beziehung trauern darf, aber dass das Baden in Selbstmitleid irgendwann wieder aufhören muss. „Drachenherz“ ist eine wunderbare Liebeserklärung an solche, die nicht nur an sich selbst denken, die sich nicht zu fein sind, auch für andere die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Auch „Weil du du bist“ ist eine Verneigung vor jenen, die zu ihrem Wort stehen, die Rückgrat zeigen.
„Die ungelebten Leben“ spielt mit der Was wäre wenn-Option. Hätte man im Leben etwas anders machen sollen? Hat man eine Chance verpasst? „Alles beim Alten“ liefert praktisch die Antwort. Der zu sein, der man sein will sowie Verlässlichkeit sind nicht die schlechtesten Konstanten im Leben.
Das Besondere an Ute Freudenbergs neuen Liedern: Die Geschichten, die sie uns erzählt, kann jeder auf seine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse herunterbrechen. Das wird einmal mehr im Song „Glück“ deutlich. Auch in Zeiten, in denen Hoffnung mitunter schwierig ist, bleibt das Glück zum Greifen nah.
„Uns’re Reise“ ist – wenn man so will – der einzige Hinweis darauf, dass hier etwas Besonderes zu Ende geht. Denn der Song avanciert zum Dank an all ihre Musiker und Produzenten, an ihre Partner und Kollegen – und nicht zuletzt ans Publikum. Denn mit dem durchweg gelungenen Album läutet Ute Freudenberg ihren Abschied ein. Wie eingangs erwähnt: Das Beste kommt zum Schluss.
Doch „Stark wie nie“ ist auch ein Jubiläumsalbum. Ute Freudenberg blickt auf fünf Dekaden Musikkarriere zurück – mit Hits von „Jugendliebe“ bis „Herzen kriegen keine Falten“, unzähligen Tourneen solo, mit eigener Band und dem Filmorchester Babelsberg sowie mit Auszeichnungen wie die „Goldene Henne“, die Goldene Schallplatte oder das Bundesverdienstkreuz am Bande. Um nochmal ein dämliches, weil nur schwer tröstendes Sprichwort zu bemühen: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist!