Wer immer noch glaubt, dass eine Band langsam wachsen und reifen muss, irrt gewaltig – bester Beweis:
The Lathums. Schon ihre allererste UK-Tour war binnen eines einzigen Tages restlos ausverkauft, obwohl die meisten Shows sogar in größere Venues verlegt worden waren. Die vier Briten mögen zwar gerade erst loslegen, aber für viele steht jetzt schon fest: Noch besser, noch ausgereifter können sie eigentlich gar nicht klingen.
Überhaupt operiert Englands beste neue Gitarrenband nach vollkommen eigenen Regeln: Sänger und Songwriter Alex Moore zum Beispiel hat sich vor allem auf die Fahne geschrieben “positiven Wandel loszutreten” – und zwar auf seine Art. Der Frontmann, der genau genommen kaum Konzerte besucht hatte, bevor er selbst welche gab, schreibt über seine durchdigitalisierte Generation (“Artificial Screen”). Auch heranwachsende Briten, die mit Materialismus und einem sinnentleerten Lebensentwurf nichts mehr anfangen können (“The Great Escape”) ist ein wiederkehrendes Thema. Bisher habe er “sich selbst für sich selbst behalten”, aber damit ist nun wohl Schluss, da der Name The Lathums wie ein Lauffeuer die Runde macht.
Seine drei Bandkollegen – also Scott Concepcion, Gitarrist mit Rickenbacker-Wunderwaffe im Anschlag, Johnny Cunliffe, beharrlich und zurückhaltend, und Ryan Durrans, dessen Schlagzeug-Skills so (ausgereift) wirken, als hätte er in seinem Ausweis das falsche Geburtsdatum angegeben – stehen wie eine wummernde Wand hinter Moore und dessen Mission. Sie klingen optimistisch, selbstbewusst und vorwärtsgerichtet. Dabei garantiert The Lathums‘ kollektiv umgesetztes “Keine Überheblichkeit”-Ethos selbst unter den gefühlvollen Alt-Pop-Gitarrenbands, die ehrliche Leidenschaft größer schreiben als aufgeblasene Posen, eine Sonderstellung.
Die Songs der Band nehmen dem Vorurteil, dass vier Typen aus
Wigan im Nordwesten von England nichts als Kneipenschlusshymnen abliefern können, locker den Wind aus den Segeln. Die Jungs selbst führen die melodischen Welten von Bands wie
The Smiths,
The Beatles, den
Stone Roses und
The Ramones als Einflüsse an. Ihre Vision, also der Traum, dass sich die eigene Fangemeinde hinter ihre Sache stellen und man gemeinsam diesen “positiven Wandel” herbeiführen könnte, begann einst hinterm Tresen in Versager-Bars und auf viel zu kalten Baustellen. Deshalb flackern in ihren Songs auch immer wieder die harschen, wenig romantischen Realitäten des Lebens auf.
Ihr allererstes Konzert war genau genommen ein Junggesellinnenabschied der im winzigen Lathom bei Ormskirk stattfand. Der Rest ist Geschichte. Nur 18 Monate später, in denen ihre Socials regelrecht explodiert sind und ihre Songs viel Airplay-Support von
BBC 6 Music und
XS Manchester bekommen haben, sollten The Lathums nicht nur ihre erste Headliner-Tour, sondern auch mit
Blossoms und
Gerry Cinnamon eine Reihe von Stadion-Shows in Großbritannien spielen. Bleibt die Frage: Wenn sie es mit ihrer zurückhaltenden Art nun in so kurzer Zeit so weit gebracht haben, was kommt als nächstes?
Die Antwort von The Lathums lautet: Positiver Wandel.