Tensnake sorgt in der Club- und Dance-Szene seit Jahren für Furore, schon 2010 landete sein Track “Coma Cat” sogar in den UK-Charts. Jetzt konzentriert sich der Producer- und DJ-Überflieger aus Hamburg erstmals auch auf seine Skills als Songwriter und transportiert mit seinem Debütalbum “Glow” den Spirit von Soul, Seventies-Disco und frühen House-Tracks ins Jetzt.
Aufgewachsen ist Marco Niemerski, so der 1975 geborene Produzent bürgerlich, mit einer gesunden Mischung aus Disco, Soul, Boogie und Funk, doch landete er in den Achtzigern z.B. auch bei den Simple Minds und Duran Duran, um schließlich bei House anzukommen. “Ich stamme aus einem Vorort, und da gab’s halt erst mal nur das Radio, wenn man mit neuer Musik in Kontakt kommen wollte. Als Zehnjähriger lernte ich dann über meinen älteren Bruder Sachen wie D*Train, Shalamar und Aurra kennen, doch bald darauf hörte ich schon wieder alles querbeet: Mit 16 z.B. gerne auch mal The Who oder The Small Faces, während ich mit meiner Vespa die Gegend unsicher machte. Danach bin ich dann wieder bei elektronischen Sachen gelandet.”
Nach den ersten eigenen Cluberfahrungen – mit 18 war er das erste Mal in Ibiza unterwegs, wo er heute in den großen Clubs Stammgast ist –, wusste Marco endgültig, wo und wie er seine Nächte verbringen wollte: “Es gab da zum Beispiel diesen Laden namens Front und 1992 war z.B. Stockhausen noch einer der Residents. Da waren wir echt häufig, und ich weiß noch genau, wie sehr mich zum Beispiel ‘No Love Lost’ von Ce Ce Rogers damals umgehauen hat. Zwischen 1992 und 1998 habe ich daher mein komplettes Taschengeld in Schallplatten investiert; ich hab den ganzen Laden bei uns im Ort leergekauft!” Dass Leute wie Larry Levan nach wie vor zu seinen wichtigsten Inspirationsquellen zählen, hat Tensnake schon mit seinem Disco/House-Podcast für Resident Advisor unter Beweis gestellt: “Larry ist einer meiner Helden”, gesteht er, “und überhaupt bin ich voll auf Strictly Rhythm abgegangen – auf Leute wie Romanthony zum Beispiel. Ich war damals ein großer Fan von US-Produzenten wie FK, Marshall Jefferson und Masters At Work, bis mir deren Output dann irgendwann zu cheesy wurde.”
Erste eigene Produktionen machte Tensnake während seiner Zeit bei Public Propaganda, wo bekanntlich etliche Fäden der Dance-Welt zusammenfließen. Er war damals 24, hatte sich erstes Equipment zugelegt und wollte einfach mal schauen, was sich damit so alles anstellen ließ: “Nur war ich am Anfang echt unzufrieden mit den Ergebnissen”, berichtet der Perfektionist, der die Musik aus diesem Grund noch lange Zeit als bloßes Hobby betrachten sollte. Erst 2006, nachdem er zusammen mit zwei Freunden das Label Mirau gegründet hatte, gelang ihm sein erster großer Wurf: “Das war der Track ‘Around The House’ von der ‘Restless’-EP: Er entstand in nur einer Nacht und fühlte sich auf Anhieb richtig an. Das lag auch daran, dass Minimal zu der Zeit so wahnsinnig angesagt war, was ich einfach nur langweilig fand. Meine Inspirationsquelle waren in dem Fall Metro Area, die damals Disco-Elemente mit House kombinierten, und dann rollte zum Glück ja auch schon bald die nächste Disco-Welle an.”
Der Künstlernamen Tensnake sei übrigens eher beiläufig entstanden, berichtet er, doch inzwischen weiß der Hanseat, dass er auch damit goldrichtig lag: “Die Leute können ihn sich echt gut merken, und bei Google findet man mich sofort. Ich weiß noch genau, wie ich die Buchstabenfolge auf meinem Tisch vor mir sah – und der Name sieht echt gut aus. Hat was Ikonenhaftes.”
Obwohl sich ein Großteil der Dance-Releases über Sampling definiert, kommt Tensnake ganz ohne Samples aus – so auch im Fall von “Coma Cat”, seinem ersten internationalen Hit aus dem Jahr 2010: “War ein echt gutes Gefühl, dass so viele Leute aus ganz unterschiedlichen Ecken den Song abgefeiert haben.” Das Stück war der Startschuss für seinen absoluten Durchbruch: Nachdem “Coma Cat” und die “In The House”-Compilation durch die Decke gingen, folgten “Tensnake Live” und diverse Remix-Jobs für Hochkaräter wie Hercules & Love Affair, Junior Boys, Little Dragon, Friendly Fires und Lana Del Rey, und auch sein Booking-Kalender wurde zunehmend unübersichtlicher…
Nach gefeierten Shows in den letzten Jahren (z.B. bei Festivals wie Glastonbury, Melt!, Bestival und Co.), gings auch nach Miami, wo Tensnake sich beim Ultra Festival die Bühne mit Simian Mobile Disco und Annie Mac teilte; zwischendurch gab’s zudem jede Menge Performances in Berlin, London oder Manchester sowie Abstecher nach Ibiza, wo Tensnake erst diesen Sommer an der Seite von Pharrell Williams spielte, um Pete Tongs neue Party-Reihe “Le Grand Bazaar” im Club Ushuaïa zu eröffnen.
Nachdem er mit dem Track “58 BPM” feat. Fiora – eine Singer/Songwriterin aus Berlin – schon eine erste Electro-Ballade vorgelegt hat, machte er für seine Single “See Right Through” abermals gemeinsame Sache mit der Berlinerin, die einen lässig eingesungenen Refrain über einer grandios simplen Akkordfolge und treibenden Beats ausbreitet. Ähnlich wie die erste Single, gehe auch sein kommendes Album insgesamt “sehr viel mehr in Richtung Song, was schon kreatives Neuland für mich ist”, meint Tensnake. “Es gibt auf dem Album zahlreiche Gäste, und ich habe mit Nile Rodgers gearbeitet, der für zwei der Tracks Gitarrenparts beigesteuert hat. Jamie Lidell und Stuart Price haben auch ausgeholfen”, so der Producer über das Album, dessen weitere Gäste Jacques Lu Cont, MNEK und Jeremy Glen sind.
“Insgesamt hat das Album ganz schön viele Facetten: Mal ist es fast schon R&B-Sound, dann geht’s in Richtung Downtempo-Pop, und natürlich wird auch House immer wieder groß geschrieben”, so Tensnake, der “schon immer House bevorzugt hat, selbst Anfang der Neunziger, als die Technoszene in Hamburg so riesig war.”
2013 wurde Tensnake’s “Essential Mix” (für BBC Radio 1) zum einen der “Rolling Stone Top−20 Online-Mixes of 2013” gewählt, inzwischen verzeichnet das Mix auf seiner Soundcloud-Page über 100k Plays.
Für die neue Single Love Sublime hat sich Tensnake wiederum gesangliche Unterstützung von Fiora geholt, während Musik Legende Nile Rodgers (Chic) für den Gitarrenpart zuständig ist. Die Single wurde Anfang Dezember von Annie Mac bei der Zane Lowe Radio 1 Show als “Hottest Record In The World” vorgestellt.