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Altmeister als Neuanfänger – Stephan Sulke mit Album auf neuem Label

Stephan Sulke by Max Zerrahn
23.06.2017
Das experimentierfreudige Berliner Junglabel Staatsakt macht seit Jahren mit einem erlesenen Künstlerstamm zwischen Avantgarde-Pop und Elektronik von sich Reden. Künstler und Bands wie Bonaparte, Andreas Dorau, Jacques Palminger und Die Sterne veröffentlichen hier ihre Alben. Zu diesem illustren Kreis gesellt sich jetzt einer hinzu, dessen breite Bekanntheit seit den 70er Jahren ihn auf den ersten Blick als Fremdkörper erscheinen lassen mag. Weit gefehlt, denn Sänger und Songschreiber Stephan Sulke präsentiert mit “Liebe ist nichts für Anfänger” alles andere als ein Mainstream-Album auf Staatsakt.
“Für mich ist das alles wie ein Traum! Sulke hat mich in meinem Elternhaus die ganze Kindheit und frühe Jugend über begleitet. Ich habe ihn immer für den größten Songschreiber in deutscher Sprache gehalten. Und tue es bis heute!”, begründet Staatsakt-Geschäftsführer Maurice Summen sein jüngstes Signing. Sulke gibt das Kompliment zurück: “Ich habe gehört, dass bei Staatsakt die gescheiten Künstler des Landes ihre Platten veröffentlichen. Da gab es für mich keine weiteren Fragen.”
Obwohl er selbst den Begriff Liedermacher nicht sonderlich schätzt, muss Stephan Sulke wohl damit leben, als einer der Großen in diesem Metier zu gelten. Dabei standen am Beginn seiner Karriere eigentlich die Studiotechnik und der Jazz. Anfang der 70er Jahre betrieb er ein eigenes Tonstudio in Biel (CH) und wurde von Claude Nobs, dem legendären Kopf des Montreux Jazz Festival, erwählt, dort die wichtigsten Konzerte mitzuschneiden. Beides, die Studiotechnik und den Jazz, können Leute mit guten Ohren auch in den Alben wiedererkennen, die Sulke dann als Interpret eigener Lieder ab 1976 auf dem Stuttgarter Label Intercord veröffentlichte, damals auch Heimat von Größen wie Reinhard Mey und André Heller. Immer waren Sulkes Aufnahmen glänzend produziert (von Sulke selbst, der in der Regel auch alle Arrangements besorgte) und hoben sich durch anspruchsvolle, jazzig angehauchte Harmonik von der Konkurrenz ab. Von Chansonhaftem (“Lotte”) über Ironisches (“Uschi” – Sulkes größter Hit) bis hin zu Funk-Pop (“Liebe gibt’s im Kino”) bewegten sich Sulkes Songs, die ihn in die Charts, ins TV und ins Radio brachten.
Ende der 80er nahm Sulke eine zehnjährige Auszeit vom Musikgeschäft und veröffentlichte danach eher sporadisch Neues. Und nun also kommt “Liebe ist nichts für Anfänger”, sein erstes Album für ein junges Label und in einem ganz anderen Umfeld. Ist dabei auch ein neuer Sulke herausgekommen? Zum Glück nicht, es ist wieder ein “typischer Sulke” geworden. Persönlich, mal herzzerreißend traurig wie im Opener “Ich geb mein Herz nie mehr”, mal verspielt und albern wie in “Blöde”, mit Texten changierend zwischen Gesellschaftskritik und Nabelschau.
Multitalent Sulke ist neben einer kleineren Handvoll Mitmusiker gleich an diversen Instrumenten zu hören, hat das Album selbst aufgenommen und produziert, und mit hingeworfenen Cover-Illustrationen auch eigenhändig optisch verpackt. Unter der Oberfläche der unverschämt eingängigen Kompositionen lauern auch beim neuen Sulke wieder trickreiche Songstrukturen, die sein musikalisches Niveau erkennen lassen. Ein gelungener Neustart in alter Manier.
 

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