Wer könnte das Konzept der Yellow Lounge besser repräsentieren, als der Popkünstler, Komponist und Neo-Dandy Rufus Wainwright? Seit 2001 richtet sich Yellow Lounge, das Sublabel der altehrwürdigen Deutschen Grammofon, an Leute, die Klassik nur als Filmmusik kennen, Richard Strauss eher über “2001: Odyssee Im Weltraum” und Arvo Pärt nur aus “Little Buddha”. Wainwright, Spross des Wainwright-Garrigle-Clans (blaublütige kanadische Folkpop-Aristokratie also) hat einmal im Interview gesagt, dass die Klassik ihn fand und nicht er die Klassik. Seinem Vater, Loudon Wainwright III, sagte Oper gar nichts. Seine Mutter, Kate Garrigle, regte sich früher darüber auf, dass ihr Sohn “immer mehr in dieses eskapistische, für sie düstere Medium hinein geriet”, wie Wainwright 2005 der New York Times erzählte. Ihm “rettete die Oper dagegen mehrmals das Leben”. Im Internat (nein, Internat, nicht Internet) tanzte der junge Wainwright nackt in seinem Zimmer zu Strauss´ “Salome” auf brüllender Lautstärke, während seine Schulkameraden Skatkarten im Gemeinschaftsraum droschen. In seiner schlimmsten Drogenzeit schaute sich der Sänger und Pianist einmal (völlig zu geknallt) Strauss´ Elektra in der New Yorker Metropolitan Oper an: “Wahnsinn!”. Nach erfolgreicher Drogentherapie ging er noch mal – und das Stück war immer noch genau so wahnsinnig. “Das bewies mir, dass – wenn Musik wirklich potent ist – es nicht mehr darauf ankommt, in welchem Zustand man sie hört.” Kürzlich kommissionierte Peter Gelb, der Chef der Met, eine Oper von Wainwright. Die offensichtlichen Höhepunkte auf dessen Yellow-Lounge-Compilation: Verdis “Rex tremendae”, das fatalistische “Tre sbirri, una carozza” aus Puccinis Tosca oder der tragische Schluss von Strauss´ Salome – werden Klassik-Insider alle bereits kennen. Die sollten sich vielleicht lieber Wainwrights eigene “Want 1 + 2”-Alben kaufen. Club-Sensibilitäten moderner Hörer befriedigt die CD dagegen auf hohem Niveau. “Die Übergänge zwischen den Stücken sind {vom Yellow-Lounge-Club-DJ Harald Reiter} an einigen Stellen so genial gesetzt, dass man ungläubig zurückspulen möchte”, schreibt Benedikt Köhler in der SPEX. "Zum Beispiel wenn Schnittkes 1968er Avantgarde-Sound als direkte Fortführung von “Siegfrieds Rheinfahrt” (Wagners Götterdämmerung) erscheint." In diesem Sinne bietet Wainwright angenehmes Klassik-Edutainment, durchweht von einem Hauch von DJ-Kultur.