„Du raubst mir die Nächte und verschwendest mein Herz.
Du gibst mir das Beste und ich vergess’ alle Welt!”
Sag’ mir, wie es ist bei dir? “Wer raubt dir die Nächte und verschwendet dein Herz?” Sind
wir uns ehrlich, die Antwort kann heute nur lauten: Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys!
Denn kurz vor ihrem Release des neuen Langspielers kommt mit der letzten Single ein so
leidenschaftliches Appell für die Liebe, welches die überwältigende Kraft des
Italo-Schlagers so erwachsen, wie lustvoll verzweifelt bündelt und jener endlich wieder in
der Sprache einer großen Hymne sprechen kann. Ein Titel, der ein Kniefall ist, vor einer
Person, nach der man sich verzehrt, die eine:n begeistert und inspiriert. Ein
Universalismus par excellence: denn jede:r von uns, hat diesen einen Menschen, der das
auslöst und somit stellt der Titel vehement und unausweichlich eine konkrete Frage. Wer
ist eigentlich deine “Sophia Loren”?
Nach den Single-Ausflügen der Gruppe ins Vereinigte Königreich und auf eine griechische
Insel ist es natürlicherweise angebracht, nun wieder im Mutterland des Italo-Schlagers
anzukommen. Zurück also von “Santorin” an den Stiefel ins Mittelmeer. Zurück vom
selbstbesoffenen Hedonismus alt-griechischer Couleur, hin zu den bedeutungsvollen
Gesten und den wirklich großen Gefühlen, die in Italien doch immer schon am schönsten
anhielten.
Die Amore wiegt schwer in diesen späten Tagen des Frühlings und das Lyrische Ich im
Text ist auf einem Gang durch eine namenlose italienische Stadt. Früh am Morgen reden
wir nicht von einer Geschichte um eine Femme Fatale und ihr leichtes Opfer, sondern von
der Erzählung über den unfassbar irritierenden Bann eines Gefühls. Das Gefühl,
vollkommen umgehauen worden zu sein und sich diesem Schicksal ergeben zu haben.
Vorbei an Oberflächlichkeiten steht vor allem die entwaffnend inspirierende Art der
Geliebten im Mittelpunkt dieses kontemplativen Streifzugs. So sehr, dass der Erzähler sich
selbst neben Visionen von ihr ganz ergeben fühlt und sich plötzlich zwischen den Zeilen
seiner Geschichte konkrete Fragen formulieren: „Was machst du eigentlich mit mir? Wie
kann ein Mensch so großartig sein?“ Bei so einer leidenschaftlichen und intimen Story,
wird dann schnell klar, dass der Name „Sophia Loren” als eine ergebnisoffene Leerstelle
verstanden werden muss, und wir nie erfahren werden, wer denn nun eigentlich wirklich
gemeint ist.
Die Musik von „Sophia Loren“ passt dazu wie Romeo zu Julia, als eine verspielte und
nostalgisch-vibrierende Indierock-Nummer geht der Song wieder einmal eine neue
Richtung, die RB&DAB. sich gerne als strahlenden Juwel in die Kaiserkrone des
Italo-Schlagers setzen lassen. Die 00er Jahre und ihre Gitarrenmusik ziehen mit diesem
Song auf und mit diesen schöne und wohlige Erinnerungen an Wir Sind Helden und andere
Bands aus gleichem Holz. Vor allem der Gesang besticht, der wohl noch nie so nah und
verletzlich echt war, um dann im nächsten Moment doch leidenschaftlich auszubrechen.
Die Chorsätze und die Mehrstimmigkeit sind zu so einem Titel dann auch fast geschenkt
und kommen genau dann, wenn man sie braucht. Was ein Hit, was ein Meisterwerk!
Im Video findet die Band einen Ort für die Erzählung und ist damit das erste Mal seit 2018
in Venedig zu sehen. Zwischen Ponte di Rialto und Markusplatz mimt Roy das Lyrische Ich
von „Sophia Loren“ und wandelt entlang des Canale Grande. Es ist dabei ein wunderschön
intimes Spiel mit der Kamera und ein Blick ins Gesicht eines Verliebten geworden. Der
Zuschauer wird durch diese enge Führung des Bilds plötzlich selbst zur Angehimmelten
und erlebt den Italo-Schlager-Papst himself in einer noch nie zugelassenen Nähe und
Echtheit. Gegen Ende des Videos treten dann selbstverständlich Die Abbrunzati Boys und
ebenso der Rest der Showband bedeutungsschwanger ins Bild und verleihen auf der
Weite des Markusplatzes, dem Titel hinten raus gemeinsam die nötige Größe und Würde.
In toto: „Sophia Loren“ ist das fulminante Ende der Promo- und Singlephase und
gleichzeitig der energetische Kick-Off ins Album „Kult“. Ein so überfälliger, wie genialer
Indierock-Titel erscheint, der zum Träumen, Mitsingen und Tanzen einlädt und dabei, wie
immer, die Standarte des Italo-Schlagers und den Charme von RB&DAB weit in den
deutschen Pop-Himmel reckt. Ein Song, der wie die Band selbst, gekommen ist, um zu
bleiben und einer Geschichte aus irren Emotionen, die begeistert. Eines ist jetzt nämlich
klar. Am Ende des Lieds wird der/die Hörer:in ziemlich sicher wissen können, für wen
sein/ihr Herz so hoch schlagen und verzehren kann. Das ist das Wunder der Musik, das ist
der große Sieg der bedingungslosen Liebe.