Am 3. Januar 2015 kam der mit reichlich Ausrufezeichen versehene Neujahrsgruß von ihrem Mentor Mike WiLL Made-It via Twitter: “Salute @RaeSremmurd #NoType IS OFFICIALLY GOLD”, so seine Message. US-Goldstatus für Rae Sremmurd, die US-HipHop-Sensation der Stunde, die nach einer ganzen Serie von Hit-Singles nun mit dem ersten Album in den Startlöchern steht: “SremmLife” erschien am 6. Januar 2015 bei EarDruma/Interscope.
Die im US-Bundesstaat Mississippi gelegene Kleinstadt Tupelo war bislang allenfalls dafür bekannt, dass Elvis Presley dort das Licht der Welt erblickt hat – doch seit einigen Wochen ist der Ort auch auf der internationalen HipHop-Landkarte verzeichnet: Die beiden Brüder Slim Jimmy und Swae Lee haben mit ihrem rückwärts benannten Rap-Projekt Rae Sremmurd – vorwärts also Ear Drummers, korrekt ausgesprochen: “Ray-Shri-Mer” – soeben ihren ersten Gold-Hit in den USA gelandet und haben ihr Debütalbum “SremmLife”, das in den Staaten soeben Platz 2 der iTunes-Charts erstürmt hat, am 6. Januar 2015 veröffentlicht.
Der 24-jährige Aaquil Brown (Slim Jimmy) und sein jüngerer Bruder Khalif (Swae Lee, 21) kamen in Kalifornien zur Welt, zogen aber schon als Kleinkinder nach Mississippi, wo sie im miesesten Viertel von Tupelo bald darauf mit Kriminalität & Co. in Kontakt kamen. Zugleich ging die Beziehung ihrer Eltern in die Brüche, woraufhin sie zwischenzeitlich sogar in leerstehenden Gebäuden hausen mussten. “Damals ging’s echt nur ums Durchhalten”, sagt Slim Jimmy über diese Jahre, in denen sie HipHop als möglichen Ausweg für sich entdeckten. “Wir mussten durchhalten, einfach nur, um es den ganzen Hatern zu zeigen.”
Um das zu bewerkstelligen, mussten sie aktiv werden – und kreativ: Sie kehrten schließlich in jene leerstehenden Häuser zurück, in denen sie einst Unterschlupf gesucht hatten, um dort Partys zu veranstalten und erste Konzerte zu geben. Die beiden setzten sich mit Aufnahmetechniken auseinander, bastelten Beats, arbeiteten an ihren DJ-Skills, dem Zusammenspiel ihrer so unterschiedlichen Stimmen und Flows, woraufhin
Rae Sremmurd, die anfangs noch unter dem Namen Dem Outta State Boyz auftraten, schließlich sogar in der Show “106 & Park” vom Sender BET landeten. Zurück in Tupelo setzten sie sich mit P-Nasty zusammen, der bei
Mike WiLL Made-Its Firma EarDrummers Entertainment mitmischte, und so saßen sie schon wenig später mit dem Super-Producer, verantwortlich für etliche Hits von
Rihanna,
Jay-Z,
Kanye West,
2 Chainz und
Juicy J, an einem Tisch:
Mike WiLL nahm sie sofort bei seinem neuen Label Eardruma Records unter Vertrag. “Diese unglaubliche Energie der beiden war schon bei unserem ersten Treffen zu spüren”, so der Produzent.
Und noch ein paar Wochen später war sie auch auf den ersten Single-Veröffentlichungen zu hören:
“We” erschien auf dem gefeierten Mixtape
“#MikeWiLLBeenTriLL” und wurde Anfang 2014 nicht nur von The FADER angeschoben, sondern via Twitter auch von Leuten wie Juicy J und Diplo abgefeiert. Dann kam die eigentliche Debütsingle von
Rae Sremmurd:
“No Flex Zone” ging postwendend in die Top−40 der US-Billboard-Charts und erschien schließlich noch mal als Remix featuring
Nicki Minaj & Pusha T. Ihre im September 2014 nachgelegte Single
“No Type” stieg daraufhin sogar auf Platz 16 in die Billboard-Hot−100 – und bescherte den beiden zum Jahreswechsel ihr erstes Gold.
Wichtiger ist jedoch, dass schon diese beiden Singles perfekt unterstreichen, wie ausgelassen, offen und vielschichtig der HipHop-Begriff von
Rae Sremmurd ist:
“No Flex Zone” ist ein minimalistischer Bounce-Track, über dem
Swae Lee und
Slim Jimmy ihre unterschiedlichen Flows zum Besten geben.
“No Type” hingegen, das
Swae Lee übrigens als Co-Producer zusammen mit
Mike WiLL produziert hat, ist dermaßen gedrosselt, dermaßen basslastig, dass die Energie in diesem Fall sogar einzig und allein von ihren Raps transportiert wird. Auf
“SremmLife” präsentieren
Rae Sremmurd ihren Lifestyle über Produktionen von
Mike WiLL,
Young Chop und
Sonny Digital, während
Big Sean, Nicki Minaj und Young Thug zu den ausgewählten Vokalgästen zählen.
Und als ob die Chemie zwischen den beiden “trill ass individuals”, wie sie sich selbst nennen, nicht schon genügen würde, um ihren Erfolg zu erklären – ihr Motto lautet schlicht: “We bring the fun back to music!” – hat auch ihr Aussehen und Auftreten sicher einen Teil dazu beigetragen: So wurde, nachdem
Drake, Lil Wayne, Rihanna, Miley Cyrus und Chris Brown bereits zu ihren Fans zählten, erst kürzlich auch Model-Sensation
Cara Delevingne bei einer ihrer Shows gesichtet – übrigens absolut textsicher und trotzdem ausrastend, wie man es von ihr erwarten würde.
“Wenn ich irgendetwas entdecke und denke, ‘Alter, ist das hässlich’, dann kaufe ich’s sofort und trage es”, so Slim Jimmy über den extravaganten Nineties-Look der Brüder, inklusive Dreadlocks, krassen Farbenvorlieben und absurden Accessoires. Die beiden Rap-Brüder mit dem Rückwärts-Namen (Zitat: “Keiner würde sich unseren Namen merken, wenn wir uns einfach die Fresh Boyz getauft hätten.”) haben das Unmögliche wahr gemacht: Die Zukunft des HipHop kommt tatsächlich aus dem “Magnolia State” Mississippi.