Das Video von “Stand By Me”: dem Song, mit dem Playing For Change begann, haben mittlerweile 30 Millionen auf YouTube gesehen. Das 2009 erschienene CD/DVD-Album “Playing For Change: Songs Around The World” erreichte aus dem Stand die US-Top−10. Auf diesen Meriten hätten sich der Organisator: Produzent Mark Johnson und seine Mitstreiter ausruhen können. Doch Playing for Change ging einen (mutigen) Schritt weiter, letztes Jahr mit verschiedenen Live-Konzerten, auf dem texanischen SXSW-Festival oder dem britischen Glastonbury-Festival und schließlich einem Konzert auf dem Pier von Santa Monica, wo die Reise von Playing For Change 2004 ihren Anfang nahm. Dort hatte Johnson den (mittlerweile verstorbenen) Blues-Straßenmusiker Roger Ridley eine Version des Klassikers von Ben E. King aufführen gehört und dabei den ganz großen Geistesblitz gehabt. Mit speziellem Outdoor-Aufnahme-Equipment, per Overdub brachte Johnson dann Musiker aus den USA und Israel, dem Kongo, Spanien oder Indien auf “Stand By Me” und auf einer Reihe anderer klassischer “Message”-Popsongs zusammen. Aus dem dabei gefilmten Material schnitt Johnson Videos. Das ganze traf einen Nerv. Der US-Fernsehjournalist Bill Moyers stellte 2008 in seinem “Journal” auf dem US-Sender PBS “die einfache, jedoch umwälzende Kraft dieser Musik”, heraus, “jeden Einzelnen tief zu berühren.” Was als einfaches Konzept begonnen hatte, wurde zum globalen kulturellen Phänomen: Frieden durch Musik, durch die Kraft von Pop-Hymnen wie Bob Marleys “One Love”, multipliziert zwischen New Orleans, afrikanischen Townships und Dörfern im Himalaja. Grenzüberschreitendes Zusammenspiel von unbekannten Straßenmusikern und Popstars, ermöglicht durch innovative Outdoor-Aufnahmetechnik und die Server-Verbindungen des Internets. Bevor er für sein Projekt durch die Welt reiste, hat Johnson Alben für Stars wie Rickie Lee Jones, Paul Simon oder Jackson Browne produziert. Für ein Album mit dem Neo-Bluessänger Keb´Mo gewann der Kalifornier einen Grammy.
Im “physischen”, also nicht-virtuellen Live-Konzert stellte sich Playing For Change in die direkte Konkurrenz ganz normaler Rock- und Pop-Konzerte, traditionellerweise haben viele von denen ja auch einen “Message-Charakter”. Doch es funktionierte: Jubelndes Publikum allerorts, glückliche Gesichter auf der Bühne.|Zu sehen und zu hören ist das alles nun auf dem neuen CD/DVD-Album “Playing For Change Live”, auf dem das globale Musikerkollektiv – neben den bekannten PFC-Hits (“One Love” oder “Don´t Worry Be Happy”) – den 1959er R&B-Song “Fannie Mae” (featuring Keb´Mo) interpretiert, wie auch verschiedene Originalsongs aus dem PFC-Lager, darunter “Fela Ngaye” von der südafrikanischen Sängerin Titi Tsira oder “Children Of The World” vom Sänger und Gitarristen Louis Mhlanga aus Zimbabwe. Mit Originalsongs gelingt dem Ensemble ein schöner Schritt in eine abwechslungsreichere Zukunft von Playing For Change. Die Aufmerksamkeitsspanne für super-bekannte Songs, selbst von diesem grenzüberschreitenden Kollektiv interpretiert, sie hat nun mal auch ihre Grenzen. Stargäste auf dem Live-Album sind Ziggy Marley (mit einer Liveversion seines “Love Is My Religion”) und Reggae-Urgestein Toots Hibbert (auf dem Otis Redding-Klassiker “I´ve Got Dreams To Remember”). Mit dabei sind unter anderen der ghanaische Perkussionist Mohammed Alidu, der holländische Sänger Clarence Bekker, der US-Drummer Peter Bunetta, der US-Bassist Reggie McBride oder der israelische Sänger Tal Ben-Ari. Die dem Album hinzugefügte DVD enthält die 90-minütige Doku “On The Road With The PFC-Band”, eine Chronik der Tournee mit Backstage- und “Behind the Scenes”-Aufnahmen, Bühnenperformances und Interviews.
Passend erscheint das Live-Album während der Fußball-WM. Wenn man der südafrikanischen Stadiontröte Vuvuzela im Hintergrund der Übertragungen irgendwann überdrüssig geworden ist, kann man bei den Spielen ja mal den Ton abdrehen und das Album als Hintergrund spielen. Den magnetischen, Menschen-verbindenden Charakter einer WM hat “Playing For Change Live” allemal. Die von Johnson im Zuge des ganzen gegründete “Playing For Change”-Stiftung finanzierte eine Musikschule für Kinder in Südafrika.