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Biografie

Ólafur Arnalds
© Benjamin Hardman
22.01.2013
Der Isländer Ólafur Arnalds hat im Laufe weniger Jahre die Reputation erworben, einer der glänzendsten und fähigsten jungen Komponisten der Welt zu sein. Er ist ein Künstler, der einen neo-klassischen Stil mit einer Vielfalt von Einflüssen verbindet, deren Spektrum von Electronica bis zum Minimalismus reicht. Und obwohl er seine Musik aus den unterschiedlichsten Quellen speist, behält dabei jedoch stets einen eigenen einzigartigen Klang bei. Seit er 2007 mit “Eulogy For Evolution” debütierte, hat der 26-Jährige aus dem kleinen Reykjaviker Vorort Mosfellsbær unter seinem Namen eine Reihe unterschiedlichster Projekte verwirklicht. Bei Konzerten in kleinerem Rahmen, bei denen die Intimität seiner Performance und Persönlichkeit stets durchschien, hat Arnalds seine Werke auch auf Tourneen durch Europa, Nordamerika und China präsentiert. Mit “For Now I Am Winter” legt er nun sein drittes Studioalbum vor, auf dem er sich deutlich von dem Sound entfernt hat, für den er bislang bekannt war.

Gerade in den letzten Jahren hat sich Arnalds als Komponist und Künstler ziemlich rasant entwickelt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass er die Bandbreite seiner Arbeiten erheblich erweitert hat. Seit 2009 schrieb er diverse Musiken für Filme und Fernsehserien, darunter für die schwarze Komödie “Another Happy Day”, das kommende ITV-Drama “Broadchurch” und den Vanessa-Hudgens-Film “Gimme Shelter”. Seine Musik wurde darüber hinaus in Hollywood-Hits wie “Die Tribute von Panem – The Hunger Games” und dem Actionfilm “Looper” (feat. Bruce Willis, Joseph Gordon-Levitt & Emily Blunt) verwendet. Außerdem brachte Arnalds mit “Found Songs” (2009) und “Living Room Songs” (2011) zwei EPs heraus, die er seinen Fans gratis zum Download anbot. Beide enthalten Stücke, die er jeweils innerhalb nur eines Tages komponiert hatte. Die Songs der ersten EP veröffentlichte er noch am selben Tag über seine Twitter- und Facebook-Seiten, die zweite mit begleitenden Videos über seine Social-Media-Kanäle und seine Website.

Dank seines Eklektizismus fand Ólafur Arnalds eine eigene Nische in der sehr breitgefächerten Szene, deren Spektrum von den Ambient-Werken Max Richters über die atemberaubenden Soundscapes seiner Landsmänner von Sigur Rós bis zu den neo-klassischen Kompositionen eines Jóhann Jóhannsson reicht.

Mit frischen Ideen versorgten ihn auch immer wieder Kollaborationen und Nebenprojekte wie die Electronica-Band Kiasmos mit Janus Rasmussen, die EP “Share” mit Nils Frahm oder die Zusammenarbeit mit dem Choreographen Wayne McGregor bei dem Ballett “Dyad 1909”. “Ich denke, so etwas ist absolut notwendig”, meint Arnalds. “Wenn man nie mit jemand anderes zusammenarbeitet, hat man keinen, von dem man lernen kann.” Und dass Arnalds ein Künstler ist, der darauf bedacht ist, sich nicht in eingefahrenen Bahnen zu bewegen, beweist er nun mit “For Now I Am Winter”.

Der bemerkenswerteste und augenfälligste Aspekt von “For Now I Am Winter” ist, wieviel unmittlebarer und kühner das Album im Vergleich zu seinen Vorgängern ist. Während die Stücke seines letzten Studioalbums “… and they have escaped the weight of darkness” vom Klang des Klaviers und Streichern dominiert waren (und die Elektronik nur der Ausschmückung diente), hat er die Kompositionen diesmal instrumental wesentlich komplexer gestaltet. Dadurch gewinnt die Musik eine andere Dynamik, obwohl das Endprodukt in mancherlei Hinsicht konventioneller strukturiert ist. Arnalds Ideen sind außerdem entschieden poppiger als zuvor.

Diese bewußte Änderung bahnte sich bereits an, als er Anfang letzten Jahres damit begann, die Stücke für das neue Album zu schreiben. Nach ein paar Monaten hatte er die Kompositionenim Prinzip schon fertig, doch etwas fehlte einfach. “Ich hatte das gesamte Album stehen, aber es ähnelte den vorangegangenen zu sehr. Es war gut, aber es stellte für mich keinen großen Schritt nach vorne dar”, sagt Arnalds. Dann ermunterte ihn ein Freund während eines Gesprächs dazu, sich nicht darauf zu beschränken, die Musik über neue Kanäle wie Twitter zu verbreiten, sondern “innovativer mit der eigentlichen Musik umzugehen”. Arnalds, der seine Community über Facebook, Twitter und seine Website, täglich mit Mitteilungen über seine Arbeit versorgt, verstand den gutgemeinten Seitenhieb und nahm ihn sich zu Herzen. Und so fing er noch einmal bei quasi Null an und verwarf die vorherigen Ansätze. Für die Ausarbeitung der neuen orchestralen Arrangements suchte er die Hilfe des amerikanischen Komponisten Nico Muhly. “Ich bat ihn, die bereits geschriebenen Stücke zu nehmen und sie farbiger auszustatten. Wenn ich also eine Synth-Linie hatte, die aus nur zwei Noten bestand, dann sollte er hingehen und diese zwei Noten auf unterschiedliche Weise auf dreißig verschiedene Instrumente verteilen.”

Die Musik von “For Now I Am Winter” gewann dadurch Raum zum Atmen, konnte wachsen und blühen und auch die dynamischen Wechsel besser hervorheben. Der Minimalismus der vorangegangenen Alben ist deutlich in den Hintergrund getreten. Aber die einschneidendste Änderung ist, dass er diesmal mit einem Sänger arbeitete. Schon bei den ersten beiden Alben war angedacht gewesen, mit einem bekannten Sänger zusammenzuarbeiten. Aber dann nahm Ólafur Arnalds von dieser Idee wieder Abstand. “Es passte irgendwie einfach nicht”, gesteht er. “Es kam mir so forciert vor, so als ob wir es nicht aus den richtigen Gründen versuchten.” Dann arbeitete er mit Arnór Dan Arnarson, dem Lead-Sänger der Band Agent Fresco, bei Ryuichi Sakamotos Benefiz-Projekt für die Opfer von Fukushima zusammen. Das dabei entstandene Stück “Old Skin” kann man nun auch auf diesem Album hören. Und die Kollaboration mit Arnarson war so fruchtbar, dass der Sänger gleich noch bei drei weiteren Stücken mitwirken durfte: “For Now I Am Winter”, “Reclaim” und “A Stutter”.

“Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Album mit Abstand das beste ist, das ich bisher gemacht habe”, meint Ólafur Arnalds abschließend. “Ich bin wirklich glücklich, dass ich mich dazu entschloss, etwas anderes auszuprobieren.”

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