Nura
“Periodt”
VÖ: 06.10.2023
Schon das Cover von Nuras neuem Album „Periodt“ ist eine echte Ansage: Die Rapperin kniet nackt und bis zum Hals besudelt in einer riesigen Lache aus tiefdunklem Blut. Ihrem Blut. Periodenblut. Die Kombination aus Artwork und Albumtitel ist die vermutlich größtmögliche Provokation für die nach wie vor männerdominierte Deutschrap-Szene und für alle Männermänner mit der minderbemittelten Meinung, dass monatliches Menstruieren Frauensache ist und im Jahr 2023 bitte schön auch bleiben soll.
Aber es ist auch der Move einer Künstlerin, die schon immer ihren Mund aufgemacht hat. Nicht etwa, weil politischer Aktivismus und Stellung beziehen gerade im Trend liegen, sondern weil Nura gar nicht anders kann, ja, nie anders konnte, als laut und sichtbar zu sein. Seien es Songs wie „Fair“ oder „Niemals Stress mit Bullen“, ihr unermüdlicher Einsatz als queere Künstlerin für die LGBTQI±Community auf Konzerten oder dem CSD – und auch ihr neues Album „Periodt“.
War der Vorgänger „Auf der Suche“ noch deutlich ruhiger und getreu dem Titel eine Erkundung der eigenen Biografie und Vergangenheit, ist „Periodt“ ein im wahrsten Sinne des Wortes selbstbewusstes Album. Da ist zum Beispiel das düster zuckende Drill-Monster „FUBU“, welches den Modemarke-Slogan wörtlich nimmt und in bester Posse-Track-Manier aus vier Perspektiven nochmal den Unterschied zwischen Culture und kultureller Aneignung klarmacht. Denn ab jetzt werden Plätze getauscht. Aisha Vibes erklärt, warum ihre Vorbilder Erykah oder Monica und ganz bestimmt nicht Helene heißen, während Jalil kurz Nachhilfe in Sachen Black History von MLK bis Rosa Parks gibt.
Und mit dem Part von Yung Madara findet sich auf dem empowernden Track auch das erste Feature mit Nuras kleinem Bruder, der gleich auch noch auf „10 Million“ mit am Start ist. Ein nicht weniger wichtiger und lauter Reminder an alle, die nach 60 Jahren Migration immer noch nicht akzeptieren wollen, wie vielfältig unsere Gesellschaft ist. Denn das mindeste, was alle Schwestern und Brüder verdient haben, ist Akzeptanz. „Es geht einfach nicht klar, dass immer noch so viele Leute sich wünschen, dass Menschen wie ich nicht mehr in diesem Land leben dürfen“, sagt Nura. „Mit dem Song wollten wir nochmal klarmachen, dass das so nicht funktioniert.“ Recht hat sie.
Ganz anders „Ertrunken“, das vom absoluten Tiefpunkt erzählt: Viel zu viele Tränen geweint, zu viele Gedanken gedacht, bis sich alles im Kreis dreht und man wieder am Anfang ankommt. Solange, bis man in den Spiegel blickt und erkennt, dass das Problem man selbst ist. „Obsessed“ ist ein moody Love-Song über das Gefühlschaos am Ende einer Beziehung – und die vergeblichen Versuche, doch noch irgendwie die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Zu fiebrigen Dancehall-Rhythmen huldigt Nura mit „Bella“ einer fiktiven Frau, ihres Zeichens Geldherrin mit Girlboss-Energy, die in bester Findom-Manier jede Menge Zahlschweine um sich schart und ihnen die Scheine aus der Tasche zieht. Mit „Diego“ findet sich zudem auch noch eine Hommage mit lateinamerikanischen Vibes auf dem Album. „Ich war mit Hägi, der das gesamte Album produziert hat, im Studio und hatte auf einmal die Idee für diesen Track über einen Typen, den alle Frauen sich wünschen“, erklärt Nura die Story hinter dem Song.
„Sidebitch“ kommt mit smoothem Drill’n’B-Vibe und liefert real talk vom Feinsten. Denn Nura ist einfach nur ehrlich – und das heißt eben Freiheit statt „Für immer“-Status und Familienplanung. Deshalb brauchen sich all die Typen mit Superlike-Offerten und Copy-Paste-Anmachsprüchen in ihren DMs gar keine Hoffnungen auf einen der vorderen Plätze in Nuras Leben machen, die mit „Fat A$$“ auch eine echte Bootyshaker-Hymne auf dem Album hat. Minimalistische Trap-Beats und jede Menge Bounce – der perfekte Twerk-Soundtrack und die genau richtige Lapdance-Hymne für den hot girl summer.
„Eine gute Frau“ ist entgegen dem Titel alles andere als eine rückschrittige Hymne auf reaktionäre Rollenbilder und Geschlechterklischees, sondern stattdessen viel mehr eine Kampfansage an alle Männer mit einem Hang zu Machismo und Misogynie, die auch 2023 in der Steinzeit feststecken und von unschuldigen tradwives und good girls träumen, denen sie noch was beibringen können. Denn Vertrauen ist schließlich gut, aber Kontrolle noch besser.
„Periodt“ ist ein beeindruckendes Album. Weil es voll von politischen Parolen, erstaunlich ehrlichen Introspektiven, aber auch Turn-Up-Tracks ist und augenzwinkernde Ansagen genauso ihre Existenzberechtigung haben wie Adlibs von Nuras Hündin Chili. Es ist genau diese Vielseitigkeit, die Nura seit Beginn ihrer Karriere ausgemacht hat. Egal ob als Musikerin, als Bestseller-Autorin oder als Schauspielerin. Egal ob mit Millionen von Streams und Gold- und Platinplatten für Songs wie „Chaya“, Collabos mit Seeed oder SAM, ausverkaufte Touren oder die Einslive Krone als beste Künstlerin.
Neben diesen beeindruckenden Erfolgen ist der 360-Grad-Künstlerin Nura dabei vor allem eines gelungen: Sie hat sich ein Selbstverständnis als Künstlerin erarbeitet, welches in der hiesigen Musiklandschaft seinesgleichen sucht: Als queere, schwarze und laute Stimme gegen Ungerechtigkeit, Rassismus und Sexismus – und als einfühlsamer Mensch, der eben nicht nur Party-Tracks kann, sondern in seiner Musik, offen über psychische Gesundheit und politische Themen spricht. Mehr denn je auch auf ihrem neuen Album mit diesem Titel, der keine Fragen offenlässt. Periodt!
„Periodt“ von Nura erscheint am 6.10.2023. Das Album ist digital, aber auch als Bundle mit CD und T-Shirt sowie als LP auf rotem Vinyl erhältlich. Bereits ab dem 5.10.2023 ist Nura außerdem mit dem Album auf „Periodt“-Tour in ganz Deutschland unterwegs. Viele der Konzerte sind bereits ausverkauft.
05.10. DE-Leipzig /// Conne Island
06.10. DE-Heidelberg /// halle02
08.10. DE-München /// Technikum (im Werksviertel Mitte)
09.10. AUT-WIEN /// Flex
11.10. DE-Frankfurt /// Batschkapp
12.10. DE-Stuttgart /// Im Wizemann (Club)
13.10. DE-Köln /// Live Music Hall
14.10. DE-Bielefeld /// Stereo Bielefeld
16.10. DE-Hamburg /// Gruenspan
17.10. DE-Hannover /// Capitol
18.10. DE-Berlin /// Festsaal Kreuzberg