Sie sind immer noch die erfolgreichste Girlgroup auf dem europäischen Kontinent, verkauften Millionen Tonträger, gewannen alle denkbaren Preise, stellten Weichen im modernen Musikbusiness. Neben den Spice Girls sind No Angels synonym mit Girl-Pop Made in Europe – stellvertretend für die Nullerjahre unseres Jahrhunderts.
Im Jahr 2000 gehen Vanessa Petruo, Sandy Mölling, Nadja Benaissa, Jessica Wahls und Lucy Diakovska als Siegerinnen aus einem Massen-Casting hervor, das RTL 2 für sein damals brandneues Musikformat “Popstars” veranstaltet hat. Rund 5000 Bewerberinnen haben sie hinter sich gelassen. Sie sehen toll aus, können fantastisch singen, professionell verkörpern sie ihre Rollen: die sportliche Vanessa, die coole Sandy, die sinnliche Nadja, die lustige Jessica, die feurige Lucy.
Eingängig, stimmgewaltig, sexy und makellos produziert, wird ihre Debütsingle “Daylight in Your Eyes” ein Smash. Entsprechend landet ihr Debütalbum “Elle’ments” im März 2001 auf Platz 1 sämtlicher Charts im deutschsprachigen Raum. Den Anschlusstreffer in den Singlecharts erzielen sie sinnigerweise mit dem Eurythmics-Cover “There Must Be An Angel”. Mit seinem zweiten Album “Now…Us” stellt sich das Frauenquintett dann mehr auf eigene Füße. Die von Vanessa Petruo geschriebene Leadsingle “Something About Us” stürmt die europäischen Hitparaden hinauf. Der deutschtürkische House-DJ Mousse T. produziert ihnen mit “Let´s Go To Bed” einen weiteren Dance-Pop-Klassiker. Ihr Cover von Alison Moyets “All Cried Out” ist ein zusätzliches Highlight in der Diskografie der No Angels.
Im Sommer 2003 – parallel mit der Veröffentlichung ihres dritten, diesmal Balladen-lastigen Nr−1-Albums “Pure” – sind die Mädels plötzlich zu viert, nachdem Jessica Wahls nicht mehr aus der Babypause zurückgekehrt ist. Die Fans sind geschockt, als No Angels völlig überraschend am Ende des Jahres mitteilen, dass sie getrennte Wege gehen. “Ja, es ist vorbei, wir hören auf!”, sagten die vier Bandmitglieder der “Bild am Sonntag”. Der Grund: Sie hätten keine Kraft und Energie mehr. Alle seien nach einem Popstar-Leben auf der Überholspur angeschlagen. Das Management spricht von einer “kreativen Pause” im Jahr 2004.
Doch erst 2007, mit der Single “Goodbye To Yesterday” läuten Sandy, Nadja, Lucy und Jessica ihr Comeback ein. 14 Kamerateams und 130 Journalisten sind bei ihrer Pressekonferenz im Januar dabei. Ihre Wiederauferstehung feiert eine zweiteilige Dokumentation auf ProSieben. Gemessen an den Erwartungen können die vier nur scheitern. Sie haben bereits alles erreicht, was in Deutschland zu erreichen ist: die wichtigsten Preise, vier Nummer-Eins-Hits. Gelassener seien sie geworden, sagten sie der Presse, jede habe sich durch ihre Soloprojekte weiterentwickelt. Ihr viertes Album “Destiny” kommt noch in die Top−5 der deutschen Charts. Nicht lang danach gehen die No Angels wieder auseinander, ganz unterschiedliche Wege: einmal Himmel und zurück. Vanessa Petruo machte ihren Doktor in Psychologie. Nadja Benaissa holte ihr Abitur nach. Sandy Mölling wurde Musicaldarstellerin. Lucy Diakovska saß in der Jury von “X-Factor”. Jessica Wahls ging zum Radio. Sie werden alle immer No Angels bleiben.