Murray Perahia | Biografie

Biografie

Im Laufe einer Karriere, die nun fast 45 Jahre umspannt, wurde Murray Perahia einer der gefragtesten und am meisten geschätzten Pianisten unserer Zeit. In seinen Aufführungen von Marksteinen der Klavierliteratur ‒ von Bach und Beethoven bis zu Chopin und Liszt ‒ gibt er zeitlose Lektionen in Sachen Sensibilität, Raffinement und Intensität des Ausdrucks. Auch wenn sein Ansatz die Aufmerksamkeit auf die Musik und nicht auf den Interpreten lenkt, so steht er doch in der Tradition der großen Klaviervirtuosen, als ein Künstler, der über vollendete Technik, unerschöpfliche Fantasie und geradezu mystische Ausdruckskraft verfügt. Perahias Klavierspiel, das schon während seines Studiums als überragend galt und über mehr als vier Jahrzehnte gereift ist, gewährt einen Einblick in die spirituelle Qualität von Musik, ihre kommunikativen Fähigkeiten, da, wo Worte versagen.
»Ich spiele gern Klavier«, sagt er. »Ich liebe dieses Instrument. Ich denke, es birgt zahlreiche Geheimnisse, denen wir auf den Grund gehen müssen.« Perahias lebenslange Suche nach diesen Geheimnissen ist in seinen Aufnahmen gut dokumentiert. Die umfangreiche Diskografie des Pianisten wächst weiter an, dank eines Exklusivvertrags mit Deutsche Grammophon, der im September 2016 bekannt gegeben wurde. Bereits einen Monat später erschienen als seine erste Veröffentlichung beim gelben Label J. S. Bachs Französische Suiten, die gerade für einen Grammy in der Kategorie Bestes Klassisches Soloalbum nominiert wurden. Für Februar 2018 sind seine ersten Einspielungen von Beethovens »Hammerklaviersonate« und »Mondscheinsonate« geplant. Im Zuge seiner Partnerschaft mit Deutsche Grammophon beabsichtigt Perahia, noch weitere Werke aufzunehmen, die ihm besonders am Herzen liegen.
»Aufnahmen bieten die Chance, zu Kompositionen noch einmal zurückzukehren, einen neuen emotionalen und gedanklichen Zugang zu ihnen zu finden und die Meisterwerke der Klavierliteratur in jedem Stadium der eigenen Entwicklung zu ergründen«, erklärt er. »Es ist mir besonders wichtig, die Musik von Komponisten wie Bach, Beethoven, Mozart, Chopin und Brahms wiederaufzugreifen. Ihre nicht auszuschöpfende Kunst ist eine ständige Quelle der Inspiration für mich.«
Murray Perahias Status als einer der herausragendsten Künstler der Gegenwart spiegelt sich deutlich in seinem Terminkalender für die Saison 2017/18. Am Beginn standen Beethovens Klavierkonzerte auf einer großen Europatournee mit der Academy of St Martin in the Fields, ein Ensemble, dessen Erster Gastdirigent er seit 2000 ist. Im Januar 2018 gibt er Konzerte mit dem Israel Philharmonic Orchestra in Tel Aviv und Haifa, bei denen er Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 vom Klavier aus leitet sowie Schumanns Symphonie Nr. 2 dirigiert. Es folgt eine Reihe von Recitals in China, Singapur, Japan, Südkorea und den USA wie auch in so renommierten Konzertsälen wie Stockholms Konserthuset, Amsterdams Concertgebouw, Manchesters Bridgewater Hall, Londons Barbican Centre und Philharmonie de Paris. 
Zu den Höhepunkten der vergangenen Spielzeiten zählen seine erste Australientournee im Jahr 2013 mit Auftritten im Opernhaus Sidney und in Melbourne; Vorlesungen, Diskussionen und Recitals als Humanitas Visiting Professor in Chamber Music 2015 an der Universität Cambridge; Schumanns Klavierkonzert mit dem Boston Symphony Orchestra und Bernard Haitink; Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 mit dem Cleveland Orchestra und Franz Welser-Möst; sowie 2016 Beethovens »Hammerklaviersonate« in Europa, Fernost und den USA. Seine Affinität zu Beethoven bekräftigt er als Mitherausgeber sämtlicher Sonaten des Komponisten für die Urtextausgabe des G. Henle Verlags, ein anspruchsvolles, noch andauerndes Projekt, das 2002 begonnen wurde.
Unter seinen Aufnahmen finden sich die mit einem Grammy ausgezeichneten Alben mit Chopins Etüden opp. 10 und 25, Bachs Englischen Suiten Nr. 1, 3 und 6, sowie Bartóks Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug. Perahia erhielt neun Gramophone Awards, darunter den Instrumental Award 2017 für sein erstes Album bei Deutsche Grammophon, zahlreiche Grammy-Nominierungen und wurde mit vielen anderen begehrten Schallplattenpreisen geehrt. Zu seinen Auszeichnungen gehören die Ehrenmitgliedschaft der Royal Academy of Music und des Royal College of Music in London, der Instrumentalist Award 1997 der Royal Philharmonic Society, Ehrendoktorwürden der Universität Oxford, des Royal College of Music, der Universität Leeds, des Weizmann Institute, der Juilliard School of Music und der Duke University sowie die Arrau-Medaille der Robert-Schumann-Gesellschaft. 2004 ernannte ihn Königin Elisabeth II. für seine besonderen Verdienste um die Musik zum Knight Commander of the British Empire (KBE) ehrenhalber.
Murray Perahia wurde am 19. April 1947 in New York geboren. Er begann bereits mit vier Jahren, Klavier zu spielen und erhielt wegweisenden Unterricht bei der Pianistin und Schriftstellerin Jeannette Haien. Er studierte am Mannes College Dirigieren und Komposition und perfektionierte seine pianistischen Fähigkeiten in einem kammermusikalischen Sommerkurs bei dem renommierten Kammermusiker und Begleiter Artur Balsam. Weitere musikalische Erfahrung sammelte er in Aufführungen mit Rudolf Serkin und dem Budapest Quartet beim Marlboro Music Festival, wo er auch Pablo Casals erstmals begegnete. Mit ihm spielte er später privat in Puerto Rico und er studierte ein Jahr lang bei dem großen polnisch-amerikanischen Pianisten Mieczysław Horszowski.
Im März 1972 gab der bekanntermaßen sehr selbstkritische junge Musiker sein Debüt mit den New Yorker Philharmonikern. Der große Durchbruch folgte, als er im selben Jahr den internationalen Klavierwettbewerb in Leeds gewann. Im Rahmen seines Preises bei diesem Wettbewerb gab er 1973 sein erstes Konzert beim Aldeburgh Festival. Perahia wurde regelmäßiger Begleiter des Tenors Peter Pears und war von 1981 bis 1989 künstlerischer Kodirektor des Aldeburgh Festivals.
Murray Perahias künstlerische Entwicklung wurde durch die Ratschläge und die Anleitung, die er in den 1980er-Jahren von Vladimir Horowitz erhielt, vorangetrieben. Der legendäre Pianist, der noch am Abend vor seinem Tod für Perahia gespielt hat, bleibt für ihn ein inspirierendes Vorbild, wie auch andere große Musiker der Vergangenheit wie Edwin Fischer, Alfred Cortot, Pablo Casals und Wilhelm Furtwängler. Ihre Freiheit im Ausdruck und ihre klangliche Eleganz finden sich in Perahias Künstlertum wieder. Seine Interpretationen bieten eine überzeugende Kombination aus gedanklicher Tiefe, spontanem Ausdruck und lyrischer Konzentration. Der Guardian (London) pries unlängst sein »Musizieren höchsten Ranges«, und die New York Times feierte den »emotionalen Reichtum« seines Recitals in der Carnegie Hall im Mai 2017.
11/2017