MoTrip | Biografie

MoTrip

Wenn Rap-Fans hierzulande in den letzten Jahren eine Platte herbeigesehnt haben, dann ist es mit ziemlicher Sicherheit das neue Album von MoTrip. Drei Jahre nach seinem Debüt »Embryo«, das den 27-jährigen Aachener binnen kürzester Zeit von der nächsten großen HipHop-Hoffnung zu einem der wichtigsten und meistgeachteten Rapper der Szene machte, erscheint am 19. Juni 2015 endlich der Nachfolger »Mama«. Drei Jahre – insbesondere heute, wo Rapper am laufenden Band mit Schnellschüssen in Albumform abkassieren und durch ständige Selbstinszenierung von sich Reden machen wollen – ist das eine lange Zeit. Eine lange Zeit, in der im Leben von MoTrip viel passiert ist.
»Auch wenn das auf die Fans vielleicht nicht so gewirkt hat, war ich sehr produktiv. Ich habe Touren gespielt und mit anderen Rappern Songs gemacht«, blickt MoTrip auf die letzten drei, durchaus turbulenten Jahre zurück. In der Tat riss sich nach dem Release von »Embryo« jeder um den selbsternannten »Kanacken mit Grips«. Denn Mohamed El Moussaoui war das, worauf die Szene so lange vergeblich gewartet hat: Ein Rapper, der das Beste seiner Vorgänger in sich vereint – und dadurch etwas Ureigenes und auf überwältigende Weise Neues schafft. Damit erntete der im Libanon geborene MC Respektsbekundungen vom Who-is-Who der deutschen HipHop-Szene. Von Kool Savas, über Sido bis Samy Deluxe oder Marteria. Plötzlich war MoTrip einer von ihnen und darüberhinaus auch noch ein Garant für gelungene Live-Shows und Deutschraps beliebtestes Feature – und doch ließ das neue Album auf sich warten.
»Ich bin ein ganz normaler Mensch mit ganz normalen Problemen – und von denen gab es wegen diverser Schicksalsschläge in meinem Privatleben zuletzt einige«, blickt MoTrip zurück. »Im letzten Jahr kam dann alles zusammen. Ich hatte die Schnauze voll, war gelangweilt und genervt von deutschem Rap.« Neben engen Freunden und Verwandten steht ihm in dieser Zeit insbesondere seine Mutter zur Seite. »Sie hat mich natürlich nicht gefragt welche Beats ich denn für mein neues Album auswählen will oder wie ich mit den Songs vorankomme«, erzählt MoTrip und lacht. »Es waren vielmehr ganz banale Gespräche am Mittagstisch, die mir ungemein geholfen, mich zum Nachdenken gebracht und mich wieder motiviert haben.«
Auch deshalb trägt das neue Album von MoTrip den Titel »Mama«. In Zeiten, in denen Rapper darauf bedacht sind mit Worten und Taten Härte und Stärke zu beweisen, ist dieser entwaffnende Albumtitel mehr als mutig und wird von einem eindrucksvollen Titelsong begleitet, für den MoTrip sich Haftbefehl als Featuregast geholt hat. »Außerdem war ›Mama‹ mein erstes Wort«, erinnert sich MoTrip. »Das Wort war somit auch der Grundstein für meinen gesamten Wortschatz «.
MoTrip münzt seinen Spaß an der Sprache dabei stets in  nachdenklichen, nie pathetischen sondern vielmehr stets pointierten Texten.
Das beste Beispiel dafür ist wohl der eindrucksvolle Song »Wenn die Sonne tief steht«, in dem MoTrip zu einem verantwortungsvollen Umgang mit unserem blauen Planeten mahnt und ein Bewusstsein für die schönen Dinge schafft. »Vieles, was auf der Erde  passiert, hat mich bewegt und zum Nachdenken gebracht«, erklärt MoTrip. »Man kann den Albumtitel also auch auf Mutter Erde anwenden.«
Aber auch abseits der ganz großen Themen beweist MoTrip ein Gespür für raffinierte Rap-Tracks. In »Wie ein Dealer« legt MoTrip allerfeinste Lines von seinem Stoff, den er im ganzen Land verteilt und schafft es mit Leichtigkeit, die Drogenmetaphorik auf sein Handwerk als Rapper umzumünzen. »So einen Song würden viele Leute von mir vielleicht nicht erwarten. Aber ich kenne all die Dinge, die ich dort schildere und wollte sie eben mal auf die Musik beziehen, was sehr viel Spaß gemacht hat«, erklärt MoTrip, dessen Songs auch auf »Mama« trotz Tiefgang und thematischer Vielfalt immer noch technisch auf höchstem Niveau daherkommen.
Songs wie »Mathematik« und »David gegen Goliath« sind zwar Battlerap-Songs klassischer Couleur, aber dabei so liebevoll bis ins hinterletzte Detail jeder Punchline ausgearbeitet, wie man es im deutschen Rap nur selten findet. MoTrip beim Rappen zuzuhören, ist eine wahre Freude. Zum einen, weil er und seine Featuregäste sich perfekt ergänzen, zum anderen, weil der 27-jährige sich die ausgeklügelten, zwischen Oldschool und Futurismus changierenden Beats, die zu einem großen Teil von Eli und David, aber auch von Farhot, den BeatGees, Reaf und Deflev stammen, zu eigen macht und in Kombination mit seinem feinfühligen Gespür für Reime und Takte veredelt.
Es ist eben jene konzentrierte Kombination einzelner Komponenten, die »Mama« zu so einem so besonderen Album macht. Weil es ein komplettes Album von einem Rapper ist, der einer der letzten seiner Art ist. Bei MoTrip kommt alles zusammen: Präzise Reimkunst, einzigartiger Flow, markanter Stimmeinsatz, einzigartiges Charisma, ungeheure Präsenz, enormer Tiefgang, ein Gespür für die richtigen Beats und ebenbürtige Featuregäste. Wie rappt MoTrip noch auf »Mathematik«? »Ich bin die Summe aller Teilchen im Raum – und die Gleichung geht auf. / Die Leute denken, das ist alles ein Trick – aber das ist ganz simple Mathematik.«
Recht hat er!
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