Die Schwarz-Weiß-Nahaufnahme Mosleys, die das Vinyl-Cover der ersten Album-Veröffentlichung unter eigenem Namen schmückt, zeigt einen extrem fokussierten, um nicht zu sagen ernsten Künstler, dessen tief ins Gesicht gezogenes Béret dem Portrait eine fast schon militante Note gibt. In Verbindung mit dem Stern zu seiner Linken lassen sich Assoziationen mit historisch-legendären Abbildungen zum Beispiel Che Guevaras nur schwer leugnen. Und auch wenn klar sein dürfte, dass der Sänger und Bassist alles andere als in den Krieg ziehen will – der Kampf für die Rechte sozial oder anders Benachteiligter steht ihm quasi ins Gesicht geschrieben. Nimmt man dazu noch den Album-Titel “Uprising” sowie die von ihm verfassten Song-Texte, erweist sich jeder andere Schluss als unsinnig.
Der Aufstand, den der Künstler hier wagt, hat allerdings auch andere Facetten. Zum Beispiel musikalische: In Zeiten von zunehmend solistisch agierenden Digital-Produzenten ist “Uprising” ein Statement pro Ensemble-Leistung; eine Erinnerung daran, dass Gemeinsam-Musik-Machen immer mehr ist als die Summe der Einzelteile. Und selbst die wäre im vorliegenden Fall schon ziemlich beeindruckend: Zwei Dutzend Musiker hat Mosley für sein Debüt rekrutiert und delegiert. Dass er das Zeug dazu hat, konnte der Mitbegründer des Musiker-Kollektivs The West Coast Get Down unter anderem dort sowie bei den Produktionen Kamasi Washingtons – der, wie sollte es anders sein, hier selbstverständlich auch mit von der Partie ist – schon unter Beweis stellen. Die alleinige Verantwortung für die Komposition und das Arrangement von insgesamt elf Songs ist allerdings ein etwas anderes Kaliber.
Apropos elf Songs: Ein wichtiger Pluspunkt bei dieser Vinyl-Veröffentlichung ist der Umstand, dass keiner der Tracks, die bislang via CD oder digital veröffentlicht wurden, fehlt – das bestätigt übrigens auch der dem Album beigefügte Download-Code. Die Vermutung liegt nahe, dass Mosley es von Anfang an darauf abgesehen hat, sein Debüt-Album in voller Gänze auf dem wohl ursprünglichsten Tonträger der Popmusik-Geschichte zu platzieren. Schließlich haben das so auch diejenigen Künstler gemacht, denen Mosley – ob mal bewusster, mal unbewusster – nacheifert. Denn ohne Frage stehen die 1960er und 1970er Jahre “Uprising” musikalisch wesentlich mehr Pate als jede andere Dekade oder Phase der noch gar nicht so alten Geschichte der Populärmusik.
Die von einem tiefen Verständnis für Jazz geprägten und mit teils gewagten Bläser- und Streicher-Sätzen nur so strotzenden Songs Mosleys atmen den Soul und Groove von Heroen wie Cannonball Adderley, David Axelrod und Brian Jackson, dem kongenialen Musik-Partner Gil Scott-Herons. Das Wörtchen Self-Empowerment will mir die ganze Zeit über die Lippen; dafür allerdings ist Mosley nicht explizit genug. Auch wenn “L.A. Won’t Bring You Down” kaum noch direkter formuliert werden könnte…
Die Alte-Schule-Aura, die Mosleys Debüt wie ein roter Faden durchzieht, wird von dem schweren 180g-Vinyl bekräftigt – hier meint es einer ernst. Auch sonst weiß die Vinyl-Variante zu überzeugen. Nicht nur, dass die beeindruckende Cover-Fotografie großformatig viel besser rüberkommt; auch die Gestaltung des diagonal bedruckten und ebenfalls in stylischem Schwarz-Weiss gehaltenen Innen-Covers, inklusive aller Detail-Informationen und Lyrics, ist sehr gelungen. Ja, so geht Vinyl.