Musikfans auf der Suche nach den passend melancholischen Klängen zum anbrechenden Herbst wird die Neu-Veröffentlichung eines bei Insidern kultisch verehrten Filmsoundtracks von
Max Richter freuen: “Henry May Long”. Das Album erscheint am 29. September auf CD und digital; am 27. Oktober auch auf Vinyl.
2008 kam der Film in den USA in die Programmkinos
Bei uns gab es ihn nur auf DVD. Regie des Familiendramas aus New Yorks gehobener Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert führte die Indie-Filmemacherin Randy Sharp. Hinter einer perfekten Fassade in Amerikas “vergoldetem Zeitalter” geht es hier um verbotene Leidenschaft, Drogen, sozialen Abstieg. Sie habe universelle Themen und Probleme, “bei denen die Menschen heutzutage gleich wieder abschalten” in einen geschichtlich anderen Kontext einbetten wollen, damit sie aus einer anderen Perspektive den Zuschauer neu berühren, sagte Sharp im Interview mit dem Filmmaker Magazine.
Der Score von “Henry May Long” kreist um zwei Haupt-Themen, die Richter fortlaufend variiert
Die Instrumentierung, hauptsächlich zwischen Streichern und Piano wechselnd, hebt die verschiedenen Ebenen des Films – hier die repräsentative Schauseite, dort die Innenwelt der Charaktere – hervor, die in starkem Kontrast miteinander stehen. Der schmelzende, unter die Haut gehende Streicherklang von “Henry May Long” ließ bereits den Zauber seines vier Jahre später erschienenen gefeierten “Vivaldi-Recomposed”-Albums erahnen, und auch die elegischen aufseufzenden Pianostücke des Albums tragen ganz klar Richters Handschrift.
“Henry May Long” gewann Preise bei verschiedenen Indie-Festivals
Richters Musik von “Henry May Long” zeichnete man auf dem Long Island Festival und dem Park City Film Music Festival aus: Achtungserfolge. Richter stand schon auf größeren Podien. Über 50 Filme hat der Brückenbauer zwischen zeitgenössischer Klassik und Leftfield-Pop musikalisch untermalt und wurde dafür mit dem Preis der deutschen Filmkritik und dem Bayerischen Filmpreis geehrt. 2008 nominierte man ihn bei den International Film Music Critics Awards als “Breakthrough Film Composer of the Year”. Parallel überschattete der Erfolg seines quasi zeitgleich veröffentlichten Scores zum umjubelten Doku-Trickfilm “Waltz With Bashir” (von Ari Folman) die Musik von “Henry May Long”. Für “Waltz With Bashir” gab es einen Oscar und den europäischen Filmpreis. Die Musik von “Henry May Long” bekam nur ein ungleich kleineres Publikum zu hören. Als der Score 2009 beim Indie-Label Mute-Records erschien, wurde er dennoch für andere Komponisten innerhalb der noch jungen Neo-Klassik-Szene richtungweisend. Die Kompositionen für Piano, Streicher, Glasharfe und Glocken setzten mit ihren akustischen und elektronischen Arrangements neue Maßstäbe.
Ein neu entdecktes Juwel
Einige Richter-Fans der ersten Stunde stellen die Musik von “Henry May Long” sogar über seine Hit-Alben wie “The Blue Notebooks”. Das Album zeige ihn von seiner schwärmerischen Seite. Die Bilder seiner Musik seien der Inbegriff von Romantik und herzerfüllter Schönheit, schwelgt es im Netz. Nahtlos webe Richter einen besänftigenden harmonischen ganzheitlichen Klangteppich, so die Kommentare.
Innerhalb seines bereits monumentalen Oeuvres, das Solo-Alben, Musik für die Bühne, Oper und den Film wie auch Kollaborationen mit den unterschiedlichsten Künstlern einschließt, nimmt “Henry May Long” einen besonderen Platz ein. Kein Liebhaber zeitgenössischer Klassik sollte sich diese neu veröffentlichte Perle des Echo-Klassik-Preisträgers entgehen lassen.