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Neues Ledisi-Album in 2010

Ledisi © Verve/ Universal Music
© Verve/ Universal Music
13.11.2009
Auf ihrem neuen Album wollte Ledisi unbedingt ein paar gewagte künstlerische Änderungen vornehmen. Aber gerade als sie sich auf ihr zweites Verve-Projekt “Turn Me Loose” stürzen wollte, lief sie vor eine Wand. Die Sängerin und Songschreiberin erlitt einen schweren Fall von Schreibblockade, der sich über sechs Monate hinzog. Ledisi war wie versteinert, als sie versuchte, Material für den Nachfolger ihres Verve-Debütalbums “Lost & Found” zu schreiben. Das Album hatte exzellente Kritiken erhalten und war für zwei Grammys (darunter den für die beste neue Künstlerin) nominiert worden. “Nach all dem Erfolg mit ‘Lost & Found’ verspürte ich einen ungeheuen Druck und stellte mir selbst die Fragen: ‘Wer bin ich? Wo steht Ledisi heute?’”, erzählt die aus New Orleans stammende Künstlerin. “Früher fragte ich mich, ob die Leute mich verstanden. Jetzt war es eher so, dass sie sagten: ‘Okay, wir kennen dich nun. Aber was kommt als nächstes?’” Ein Freund gab ihr ein Album, das sie sich anhören sollte. In der Hoffnung, dass dies ihre kreativen Säfte wieder in Wallung bringen würde. Es war der Soul-Rock-Klassiker “Them Changes”, den Buddy Miles 1970 eingespielt hatte. “Ich hatte die Platte nie zuvor gehört”, gesteht Ledisi. “Aber nachdem das geschehen war, nahm ich mir vor, auf dem neuen Album ähnlich frei vorzugehen. Auf dem letzten hatte ich mich ein wenig zurückgehalten. Ich sagte aber schon damals, dass ich bei meinem nächsten Projekt stimmlich die Ketten abstreifen wolle. Ich versprach, ehrlicher zu sein und Dinge anzusprechen, über die die Leute nicht gerne reden. Ich hatte das eigentlich schon immer getan. Aber diesmal wollte ich bewusst auf’s Ganze gehen.”

Inspiriert von der ungebundenen Musik von Buddy Miles hatte Ledisi nun endlich eine Richtung gefunden. Aber sie wollte noch weiter gehen und mit unterschiedlichen Partnern kooperieren, vor allem auch mit einigen, mit denen sie noch nie zuvor zusammenarbeitet hatte. “Normalerweise komme ich einfach ins Studio und sage: ‘Das gefällt mir, das nicht’”, sagt Ledisi. “Diesmal war ich etwas entspannter, und das war für mich neu. Ich wollte an allem teilhaben. Es war etwas frustrierend, weil alle unterschiedlich viel Energie hatten und ich mich anpassen musste. Aber nicht es lag nicht an den anderen, ich fühlte mich überdreht.” Das überschwängliche Lob, das Ledisi für “Lost & Found” erhielt, hatte ihre Reputation in der Szene gewaltig gesteigert. Dadurch konnte sie einige der respektiertesten Produzenten auf dem Gebiet der zeitgenössischen Rhythm’n'Blues-Szene für die Mitarbeit am neuen Album gewinnen – darunter die Grammy-Preisträger Raphael Saadiq, Jimmy Jam und Terry Lewis.

Mit von der Partie war wieder Produzent Rex Rideout, der schon den Sound von “Lost & Found” maßgeblich geprägt hatte. Aber bei “Turn Me Loose” wollte Ledisi nicht auf Nummer sicher gehen. Mit Hilfe von einigen anderen Produzenten (Ivan & Carvin, Chief Xcel, Chucky Thompson, Eric Krasno & Adam Deitch) flocht die Künstlerin glänzende Strähnen der verschiedenen Sounds ein, die sie liebte, als sie in Oakland/Kalifornien groß wurde. Rock, Blues, klassischer Soul, Funk und HipHop wurden auf dem gesamten Album miteinander fusioniert. Oft vermengt Ledisi das Alte mit dem Neuen. Das funky Titelstück greift beispielsweise die fetzigen Grooves alter Stax-Platten auf und bringt sie auf den neuesten Stand.

Als Hommage an Buddy Miles bringt Ledisi als Bonus-Track des neuen Albums ein Cover von “Them Changes”. Immer wieder flirtet die Künstlerin mit anderen Genres, aber ihre wandelfähige, von Chaka Khan beeinflusste Stimme hält alles zusammen. Mit ihrem Drive erinnert sie hier oftmals an ihre energiegeladenen Live-Auftritte, bei denen sie sich vollkommen gehen lässt. Mit verschiedenen Partnern zusammenzuarbeiten war zunächst eine große Herausforderung, letztlich aber auch sehr lohnend. “Für jeden Schritt musste ich kämpfen”, sagt Ledisi kopfschüttelnd. “Aber letztendlich machte ich den Schritt. Ich habe noch nie mit verschiedenen Leuten Songs geschrieben. Aber wie sich herausstellte, funktioniert das wunderbar. Wenn ich irgendwo den Faden aus der Hand gab, nahm ihn sofort jemand anders auf.”

Mit Chucky Thompson, der wohl am besten für seine Produktionen mit Mary J. Blige bekannt ist, arbeitete sie bei dem nervösen “Everything Changes” zusammen. “Chucky ist wie eine Music-Box. Man muss ihn nur anwerfen und schon sprudeln aus ihm alle möglichen Pop-Stile heraus. Es war, als würde man bei jemandem im Kellerstudio arbeiten. Ich mag einfach diese Nähe zur Straße und zu dem, was die Leute in den Clubs hören.” Mit dem legendären Gespann Jimmy Jam und Terry Lewis arbeitete Ledisi an dem von Leidenschaft getränkten Song “Higher Than This” zusammen: Wenn man mit denen arbeitet, dann erhält man einen Song, der einem perfekt auf Körper und Seele zugeschnitten ist. Ich komme mir vor, als hätte ich eine Musikhochschule besucht und meinen Abschluss gemacht."

Mit “Lost & Found” mag Ledisi der Durchbruch beim großen Publikum gelungen sein, mit “Turn Me Loose” dürfte sie nun noch mehr Leute begeistern. Dabei ist die Künstlerin nicht über Nacht zum Star geworden. Die in New Orleans geborene Ledisi Young hat den Großteil ihres Lebens als professionelle Sängerin verbracht. Ihren ersten großen Auftritt hatte sie mit acht Jahren, begleitet wurde sie dabei vom Sinfonieorchester von New Orleans. Ihre Mutter, die bei diversen lokalen Bands sang, war ihre erste Inspiration. Nachdem Ledisi mit ihrer Familie nach Oakland umgezogen war, beschloss sie, ihre Gesangskarriere ernsthaft in Angriff zu nehmen. Später gründete sie die Band Anibade, die klassischen Soul mit hartem Funk und jazzigen Zwischentönen mischte. Auf eigene Faust veröffentlichte Ledisi zwei Alben: 2001 “Soulsinger” und 2003 “Feeling Orange But Sometimes Blue”. Beide wurden im musikalischen Untergrund als “sensationell” gefeiert und führten dazu, dass sie im Vorprogramm von Größen wie Chaka Khan auftreten durfte.

Obwohl Ledisi also schon eine gereifte Künstlerin war, bevor sie ihren Plattenvertrag bei Verve unterschrieb, ist sie immer noch damit beschäftigt, sich musikalisch zu finden. “Turn Me Loose” ist ein Wendepunkt in ihrer künstlerischen Evolution. “Während ich diese Platte machte, fragte ich mich: 'Wie kann ich die Hörer, die ich bereits erobert habe, bei der Stange halten und mir selbst – so wie ich heute bin – gerecht werden? Das war das Problem. Aber ich wusste, dass ich mich strecken und anderen Leuten gegenüber offen sein musste.”

Erfahren Sie mehr über die Sängerin aus New Orleans auf Ledisis Künstlerseite bei JazzEcho.

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