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Masques und Mazurkas: Krystian Zimerman spielt Szymanowski

Krystian Zimerman
© Bartek Barczyk
12.08.2022
Krystian Zimerman erweist seinem Landsmann Karol Szymanowski seine Reverenz. Der polnische Komponist kam im Oktober vor 140 Jahren zur Welt. Nach jahrzehntelanger Auseinandersetzung mit Szymanowskis Soloklavierwerk veröffentlicht der Pianist nun zu seinem Gedenken eine Auswahl des Klavierœuvres. Es sind Werke, die einen Zeitraum von 1899 bis Mitte der 1920er-Jahre umspannen. Zimerman möchte diese noch unbekanntere Musik beleuchten und auch zu Gehör bringen, dass Szymanowskis Schaffen zum Kanon der großen Klavierliteratur zählt.
Freundschaften haben dieses Album geprägt – von Szymanowski zu Arthur Rubinstein, von Rubinstein zu Zimerman und von ihm zu dem berühmten japanischen Akustiker Yasuhisa Toyota. Karol Szymanowski: Piano Works stellt Werke vor, die in diesem Jahr in der von Toyota entworfenen Konzerthalle in Fukuyama aufgenommen wurden, sowie bisher unveröffentlichte Aufnahmen von Zimerman aus dem Jahr 1994. Das Album erscheint am 30. September 2022 bei Deutsche Grammophon auf CD und digital, u.a. im immersiven Surround Sound. Eine 2-LP-Edition folgt am 21. Oktober.
Zimerman eröffnet sein Programm mit Musik, die Szymanowski als Schüler und Student zu Papier brachte. Er spielt vier der neun Préludes op. 1, von denen einige sogar aus dem Jahr 1896 stammen könnten, als der Komponist gerade einmal 14 war.
Die Masques op. 34 hingegen entstanden auf der Höhe seiner künstlerischen Reife während des Ersten Weltkriegs auf dem Familiensitz des Komponisten in der Ukraine. Sie spiegeln einerseits Szymanowskis Auseinandersetzung mit Debussy, Skrjabin und Strawinsky wider, andererseits seine Reisen nach Nordafrika und in die Mittelmeerländer. Drei literarische Gestalten werden hier porträtiert: Scheherazade, »Tantris« (alias Tristan) und Don Juan.
Und auch der späte Szymanowski ist zu hören. Zimerman hat vier der zwanzig Mazurkas op. 50 (1926–1931) eingespielt, die einzigen ihrer Art, die sich inhaltlich mit denen von Chopin messen können. Komplexe Rhythmik, chromatische Harmonik und satte Klanglichkeit sind ihnen eigen sowie immense technische Herausforderungen an den Interpreten. Großenteils wurden sie von den Volksliedern und -tänzen des Tatragebirges inspiriert. Und so schließt Zimerman dann auch mit den exquisiten Variationen über ein polnisches Volksthema op. 10, einem Werk, das dem Komponisten nach der Uraufführung im Jahr 1906 kurzzeitig die Anerkennung polnischer Kritiker einbrachte.
Szymanowski widmete den »Don Juan«-Satz der Masques seinem Freund Arthur Rubinstein. Lebenslang hatte sich die Klavierlegende für seine Musik eingesetzt. Unzählige Jahre später wurde Rubinstein Mentor und Freund des jungen Krystian Zimerman; er gab ihm Ratschläge, die noch heute von unschätzbarem Wert für ihn sind. Zimerman nahm die Masques 1994 in Kopenhagen auf, sie werden nun zum ersten Mal veröffentlicht. Die anderen Werke wurden in Fukuyama eingespielt. Yasuhisa Toyota, ein weiterer Freund des Pianisten, hatte Zimerman in seinen Konzertsaal eingeladen. »In Toyotas Sälen«, sagt Zimerman, »ist jeder Ton klar und deutlich zu hören, und trotzdem klingt alles warm und wie auf Samt gebettet.« Angemessen scheint solche Akustik für Zimermans Würdigung von Szymanowskis Repertoire.
Einen Vorgeschmack auf das Album geben drei digitale Veröffentlichungen: Das Prélude op. 1 Nr. 2 in d-Moll ist ab dem 12. August verfügbar, gefolgt von der Nr. 6 der Variationen über ein polnisches Volksthema am 26. August und dem Prélude op. 1 Nr. 1 in h-Moll am 16. September.
 
Über Szymanowski
Der 1882 im heute ukrainischen Tymoschiwka geborene Karol Szymanowski verbrachte seine frühen Jahre meist fern von Warschau und galt in der polnischen Musikwelt seiner Zeit als Außenseiter. Nach Aufenthalten in Wien, Reisen durch Südeuropa und Nordafrika sowie Besuchen in Amerika kehrte er in das in der Zwischenzeit unabhängig gewordene Polen zurück und engagierte sich für die Schaffung einer nationalen musikalischen Identität in seinem Heimatland. Kurzzeitig war er Direktor des Warschauer Konservatoriums und später Rektor des städtischen Musikinstituts. Nach seiner Entlassung aus diesem Amt nahm er seine Konzertreisen als Pianist wieder auf, doch seine Gesundheit hielt den Anforderungen nicht stand; er starb 1937 mit gerade einmal 54 Jahren. Zu Szymanowskis Lebzeiten schätzte man seine Musik vorwiegend außerhalb Polens, erst nach seinem Tod kam es zu einem Umdenken. In jüngerer Zeit wird sein Œuvre in seinem Reichtum gewürdigt. Unterschiedlichste Einflüsse kommen in ihm zusammen – von postwagnerischer Romantik über einen von Kunst und Dichtung des Nahen Ostens inspirierten Orientalismus bis hin zu den Werken Debussys und Ravels, Skrjabins und Strawinskys, nicht zu vergessen die traditionellen polnischen Elemente, die solche Werke wie die Mazurkas prägen.

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