Karel Gott „Danke Karel“
Karel Gott verstarb am 1. Oktober 2019 im Alter von 80 Jahren in Prag im Kreis seiner Familie. Eine erste Krebserkrankung im Jahr 2015 schien er gut überstanden zu haben. Er trat auch wieder auf, aber als bekannt wurde, dass er an Leukämie erkrankt ist, wirkte es so, als nehme Karel Gott selbst allmählich Abschied. Mit seiner inzwischen 13-jährigen Tochter Charlotte sang er dazu ein Lied, in dem es heißt: „Auf allen deinen Wegen werde ich Dir, mein Stern, weiter leuchten“. Das war in der Nachschau das klingende Vermächtnis von Karel Gott – weit mehr als 60 Jahre nach seinen ersten Auftritten als Rock’n'Roll und Jazz-Sänger. Zur Würdigung seines Schaffens veröffentlicht Universal Music am 29.11.2019 nun drei verschiedene Releases unter dem gemeinsamen Titel „Danke Karel!“.
„Danke Karel!“ besteht zu allererst aus einer Einzel-CD mit seinen 20 größten Hits, die hierfür alle remastered wurden. Es ist eine Best Of-CD mit all seinen großen Hits wie u.a. “Lady Carneval”, “Einmal um die ganze Welt”, “Babicka”, „Weißt du wohin“, “Biene Maja”, das wunderbare „Fang das Licht (mit Darinka)“ und dem von Ralph Siegel komponierten Lied für die ARD-Fernsehlotterie “Und die Sonne wird wieder scheinen”. Der Höhepunkt des Albums ist aber das schon erwähnte Duett „Srdce nehasnou“, welches er kurz vor seinem Tod zusammen mit seiner Tochter Charlotte Ella Gottová aufgenommen und im tschechischen Fernsehen vorgetragen hat. Zusätzlich zu diesem Album gibt es eine Doppel-CD mit besagter Best Of-Sammlung und weiteren Duetten, Raritäten und unbekannteren Liedern im Schatten. Historisch besonders wertvoll und ein Muss für jeden Karel Gott-Fan ist aber auch die hochwertige 5er Box. In dieser Box werden 8 LPs, die bisher noch nie auf CD veröffentlich wurden auf 4 CDs zusammengefasst. Es sind die LPs „Von Romeo an Julia“, „Schätze der Vergangenheit“, „Dieses Land ist mein Land“ (Höhepunkte aus der gleichnamigen ZDF-Show), „Eine Liebe ist viele Tränen wert“, „Und die Sonne wird wieder scheinen“, „Gute Reise“, „Meine Lieder ’79“. Dazu kommt als 5. CD dann wieder die Best Of-CD. Speziell auch mit dieser Box setzt Universal Music dem Prager Tenor, der einen – sehr seltenen – lebenslangen Vertrag bei der Firma hatte, ein musikalisches Denkmal.
In seiner sechs Jahrzehnte langen Karriere, in der er Rock ‘n’ Roll, Jazz, Blues, Country, deutschen Schlager interpretierte sowie Opern- und Operettenstücke sang, nahm Gott rund 150 Alben auf und verkaufte mehr als 50 Millionen Tonträger. In seinem Heimatland Tschechien war der Sänger eine Legende. Insgesamt 42 Mal gewann er dort den Publikumspreis Goldene Nachtigall. Dort nannten ihn die Menschen “Mistr” (“Meister”), ein Ehrentitel, der vor ihm nur an den Reformator Jan Hus vergeben wurde. Der tschechische Präsident Milos Zeman sagte, der Tod Karel Gotts sei eine “ungeheuer traurige Nachricht für unser ganzes Land”. Er sei “ein wirklicher Künstler” gewesen, “der sein Leben anderen geschenkt hat”. Auch der tschechische Regierungschef Andrej Babis äußerte sich zum Tod des Künstlers und bezeichnete ihn als einen der größten Tschechen. Mit seinen Liedern habe ihn Karel Gott seit seiner Jugend begleitet, so der 65-jährige Politiker: “Ich werde eine Kerze anzünden und mir eines seiner Lieder aus den 60er-Jahren anhören.”
Denn schon in den sechziger Jahren steuerte der Sänger den Soundtrack zu einem neuen Lebensgefühl in seiner tschechischen Heimat bei. Er sang dort Songs von Elvis oder den Rolling Stones in englischer und tschechischer Sprache. Viele Tschechen und Slowaken hatten damals genug von Sozialismus und Planwirtschaft, sie sehnten sich nach allem, was aus dem Westen kam. Und die Musik brachte ihnen zumindest eine Illusion von Freiheit. „Die Lieder aus dem Westen klangen so anders als unsere eigenen, in denen immer die Angst vor den Ideologen mitschwang“, erinnerte sich Karel Gott einmal. Seine aufrichtige Freundlichkeit und seine Ehrlichkeit auch in schwierigen Zeiten haben ihm die Tschechen und Slowaken nicht vergessen, wie man schon am Vortag der offiziellen Trauerfeier im Veitsdom in Prag sehen konnte, an dem sich über 50.000 Menschen in einer kilometerlangen Schlange anstehend im Sophienpalais von ihm verabschiedeten. In Deutschland wurde vor allem auch das Lied von der „Biene Maja“ für viele Generationen unvergesslich. Karel Gott sang das Kinderlied aus einer spontanen Laune heraus in nur 20 Minuten für seinen Freund, den Filmproduzenten Karel Svoboda in einem Münchener Studio ein. Es war Ironie des Schicksals, das gerade dieser Song am Ende bei Kindern und Eltern gleichermaßen einschlug – und das bis heute.
Zu Beginn seiner musikalischen Karriere hatte sich der begabte Prager dem Jazz verschrieben. Während er noch – auf Wunsch seines Vaters – tagsüber eine Lehre als Elektriker absolvierte, sang er mit 19 Jahren abends in Clubs und Musikcafés. Das Publikum liebte seine Stimme, und Karel Gott intonierte mit Vorliebe das, was seine Anhänger von ihm hören wollten: Songs von
Frank Sinatra, von Elvis Presley, von den Beatles. So verwunderte es wenig, dass er später vom renommierten Time Magazin als „Sinatra des Ostens“ gefeiert wurde. Ein fünfjähriges Studium am Konservatorium schloss sich an seine Lehre an, so dass Karel Gott auch in der klassischen Musik zu Hause war. Der Titel „Careless Love“ (von 1963) war Karel Gott’s erste Studioaufnahme. Erst fünf Jahre später, nachdem der Sänger das amerikanische Showbusiness kennengelernt und als erster Künstler des Ostblocks sieben Monate lang vor ausverkauftem Haus in Las Vegas gesungen hatte, führte ihn der Karriereweg nach Deutschland. Mit der Schiwago-Melodie “Weißt Du wohin?” kletterte Karel Gott 1967 erstmals an die Spitze der deutschen Charts – einen Platz, auf den er in all den folgenden Jahren abonniert zu sein schien. Lieder wie “Lady Carneval”, “Einmal um die ganze Welt”, “Babicka”, „Weißt du wohin“ katapultierten ihn in die erste Garde europäischer Show-Schaffender und bescherten ihm unzählige Goldene und Platin-Platten, Auszeichnungen und Ehrungen sowohl in Deutschland als auch in seiner tschechischen Heimat. Am Ende gab es kaum ein Land, eine Großstadt auf der Welt, in dem “Die Goldene Stimme aus Prag” noch nicht gastierte. So trat er – gemäß seines weiteren großen Hits “Einmal um die ganze Welt” – in fast allen großen Konzerthallen der Welt auf. Er war sowohl im Moskauer Kreml-Palast als auch in der New Yorker Carnegie Hall zu Gast, in der Hamburger Musikhalle wie im “New Frontier” in Las Vegas. Weitere Stationen um die ganze Welt waren Tokio, Kuba, Australien, Israel und Kanada. Natürlich trat er auch immer wieder vor ausverkauftem Haus in der Prager O2 Arena auf und als Schmankerl am Rande mit Bushido zusammen im Dome in Düsseldorf.
Mit Karel Gott ist ein wahrhaft großer europäischer Künstler von uns gegangen, dem es wie keinem Zweiten als „Botschafter der Musik“ gelang, die im kalten Krieg unvereinbaren Welten von Ost und West zu verbinden. Über seine intensive Beziehung zu seinem Publikum sagte er einmal: “Es ist eine Art Magnetismus, eine gegenseitige Anziehungskraft, die schwer beschreibbar ist.” Diese Anziehungskraft und Magie ist in seinen Liedern immer noch spürbar und so werden sie nun als klingende Sterne für alle Zeiten in die Welt hinaus leuchten. Danke Karel!