Ein vielsaitiges Songwriter-Album, das einem die Sprache verschlägt
Mit “Speak To Me” legt der Gitarrist Julian Lage bei Blue Note sein bislang abwechslungsreichstes und aufregendstes Album vor. Als Produzent stand ihm bei der Einspielung Joe Henry zur Seite.
Julian Lage(c) Alysse Gafkjen
01.03.2024
Das Album “Speak To Me” auf Vinyl, als signierte Vinyl-Sonderedition mit exklusivem Bonustrack finden Sie in unserem JazzEcho-Store.
Man könnte es sich leicht machen und Julian Lage einfach als einen der besten Gitarrenvirtuosen und interessantesten Komponisten des zeitgenössischen Jazz bezeichnen. Zu denen gehört er bereits, seit er 2009 mit nur 21 Jahren sein weithin gefeiertes Debütalbum “Sounding Point” vorgelegt hat, das gleich für einen Grammy nominiert wurde. Doch diese Umschreibung wird den Talenten von Julian Lage nicht wirklich gerecht. Zum einen betrachtet er sich selbst weniger als einen Komponisten und vielmehr als Songwriter, der zwar “Lieder ohne Texte”, aber mit starken erzählerischen Qualitäten schreibt. Und seine instrumentale Virtuosität (vor allem auf der akustischen Gitarre) ist niemals Selbstzweck, sondern steht immer im Dienst der Musik. In den fünfzehn Jahren, die seit dem Debüt verstrichen sind, hat Lage zu einer ganz eigenen musikalischen Sprache gefunden, die ein breites Spektrum uramerikanischer Stile reflektiert (von Jazz und Blues über Folk und Americana bis hin zu Indie-Rock), aber auch Elemente klassischer und spanischer Gitarrenmusik darunter mischt. Für die Einspielung von “Speak To Me” hat sich der 36-Jährige nun mit dem erfahrenen Produzenten Joe Henry zusammengetan, der ebenfalls ein ausgezeichneter Songwriter ist.
So organisch, im positiven Sinne verspielt und gewitzt wie hier haben die Songs, die allesamt aus Lages Feder geflossen sind, noch nie zuvor geklungen. Wenn man die Reaktionen der Fans des Gitarristen in den sozialen Medien (etwa YouTube) zum Maßstab nimmt, dann ist “Speak To Me” offenbar das Album, das sich alle schon immer von Julian Lage gewünscht haben. Wunderschöne Ohrwürmer wie “Omission” wechseln sich auf dem Album mit stimmungsvollen Stücken wie der eindringlichen “Serenade” und schrägen blues-rockigen Groovern wie “Northern Shuffle” ab. Und mit “Two And One” gibt es sogar eine Nummer, die klingt, als hätte sie Thelonious Monk zusammen mit Django Reinhardt und John Lee Hooker ausgeheckt. Dabei präsentiert sich Julian Lage in unterschiedlichen Besetzungen: als Solist auf der akustischen Gitarre, im Duo, im traumhaften Trio mit Bassist Jorge Roeder und Schlagzeuger Dave King, das nun schon seit 2019 zusammenspielt, oder in größeren Ensembles verstärkt durch die fantastische, mit Dissonanzen nur so um sich werfende Pianistin Kris Davis, den Keyboarder Patrick Warren und Joe Henrys Sohn Levon Henry an Saxofonen und Klarinette.
Die apricot-farbene Vinyl Version im Jazzecho-Store enthält neben einer signierten Art Card exklusiv den Bonustrack “Cars/Colors”, der auf keinem anderen Format erhältlich ist.