Jean Sibelius | News | Zum 150. Geburtstag – 25 Fakten über Jean Sibelius, Teil 4

Zum 150. Geburtstag – 25 Fakten über Jean Sibelius, Teil 4

Jean Sibelius
© Decca
02.09.2015
Johan Julius Christian Sibelius (Jean Sibelius), 1865 geboren, gilt als musikalisches Aushängeschild der Republik Finnland. Mit seinen Werken “Finlandia”, “Karelia Suite” oder “Valse Triste” setzte der Spätromantiker seiner Heimat gleich mehrere Denkmäler und unterfütterte den Nationalstolz der damals noch jungen Republik.
Haben sich im dritten Teil unserer Reihe gleich mehrere Label und Dirigenten bemüht einen vollständigen Zyklus der Werke Sibelius aufzunehmen, drehen wir den Spieß nun um. Finden sie mit uns heraus, welche Dirigenten noch nie einen kompletten Sibelius-Zyklus spielten und wer das Schaffen des Finnen als “als unordentliche Schulstube” betitelte.

Die Berliner und Wiener Philharmoniker

Im Gegensatz zum angelsächsischen Raum, scheinen die großen Orchester der Musik von Jean Sibelius in Kontinentaleuropa mit Skepsis zu  begegnen. So spielten die Berliner Philharmoniker nur sporadisch die Werke des finnischen Komponisten. 2010 wurde erstmalig die 3. Sinfonie, 103 Jahre nach ihrem Entstehen, von den Berlinern gespielt. Ähnlich verhält es sich mit den Wiener Philharmonikern. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, darunter eine Aufnahme mit Lorin Maazel, schaffte es Sibelius 4. Sinfonie nicht, die Herzen des Wiener Orchesters zu gewinnen.

Große Diskographien ohne die Werke von Jean Sibelius

Neben einigen großen europäischen Orchestern, begegneten auch zahlreiche Dirigenten den Werken von Sibelius mit Skepsis. So findet sich in der Diskographie von Claudio Abbado, Karl Böhm, Ferenc Fricsay, Rafel Kubelik oder Sir Georg Solti keine einzige kommerzielle Aufnahme der Werke des finnischen Dirigenten, obwohl letzterer mehrfach betonte, diesen Umstand eines Tages ändern zu wollen. Ebenfalls kein großer Verehrer der Arbeit von Sibelius war Igor Markevitch. Was ihn allerdings nicht davon abhielt, Sibelius “Valse Triste” für eigene kommerzielle Aufnahmen zu nutzen.

René Leibowitz: “Sibelius, der schlechteste Komponist der Welt”

Zu den schärfsten Kritikern der Arbeit von Jean Sibelius gehörte der Autor, Komponist und Dirigent René Leibowitz. Mit seinem 1955 veröffentlichten Artikel, “Sibelius, der schlechteste Komponist der Welt”, stellte sich Leibowitz gegen den Sibelius-Hype der 1950er-Jahre: “Wer behauptet Sibelius wäre gut, unterläuft die qualitativen Standards die durch die Arbeiten von Bach bis Schönberg gesetzt worden sind.” Für das Label Westminster war allerdings auch er sich nicht zu schade, im Jahr 1957 “Valse Triste” aufzunehmen.

Theodor Adorno: “Diese Musik spielt in einer unordentlichen Schulstube.”

Kein Blatt vor den Mund nahm Theodor Adorno. Der Philosoph und Soziologe war, wie Leibowitz, ein Anhänger der musikalischen Schule Schönbergs. Als solcher brachte er seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass, gerade in der angelsächsischen Welt, die Musik der Schule Schönbergs ein Schattendasein gegenüber der dort populären Musik von Sibelius fristete: “Es werden […] irgendwelche völlig unplastischen und trivialen Tonfolgen aufgestellt, diesen […]  widerfährt […] ein Unglück, etwa wie einem Säugling, der vom Tisch herunterfällt und sich das Rückgrat verletzt. Sie können nicht richtig gehen.”

Jean Sibelius: Keine Denkmäler für Kritiker

Meist selbstkritisch aber nicht immer reflektierend, setzte sich Sibelius mit seinen eigenen Werken auseinander. Der mehrfach gegen ihn vorgebrachten Kritik trug er unterschiedlich Rechnung. Während er sich mit seinem Landsmann Robert Kajanus, auch aufgrund einer engen Freundschaft, leidenschaftlich auseinandersetzte, lies er die Argumente von Leibowitz und Adorno von sich abprallen. Seinem Schüler Bengt de Törne gab er den Rat: “Kümmere dich nicht um das, was die Kritiker sagen. Keinem ist je ein Denkmal gesetzt worden”. Diese Aussage verlor spätestens am 10. Oktober 2010 ihre Gültigkeit, als die Stadt Frankfurt a. M. das Theodor-Adorno-Denkmal einweihte.

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