Gitte Haenning | Biografie

Gitte Haenning „Was ihr wollt“

Was ihr wollt

Vielleicht ist es so etwas, wie die größte musikalische Überraschung des Jahres 2010. Das neue Album von Gitte Haenning „Was ihr wollt“. Es holt all die großen Hits der vielseitigen Künstlerin, die mittlerweile seit über 50 Jahren auf der Bühne steht, klanglich wie kulturell in die Jetztzeit ab. „Was ihr wollt“ ist ein Werk voller scheinbarer Widersprüche, die sich wie ein Puzzle zu einem genialen Ganzen zusammenfügen. „Ich habe das Album ‚Was ihr wollt’ genannt, weil es, ausgenommen von vier neuen Liedern, die älteren Hits von mir in ganz neuen Versionen präsentiert. Es sind ausschließlich Titel, die vom Publikum live am meisten gefordert werden“, erklärt Gitte Haenning das Konzept des Albums „Zudem liebe ich das gleichnamige Theaterstück von William Shakespeare und habe in dem Stück gerade erst im Mai und Juni bei den Ruhrfestspielen in der Rolle des Narren auf der Bühne gestanden.“ Auch die witzigen Coverfotos von Jim Rakete – diesmal ausnahmsweise in Farbe geschossen – zeigen Gittes poetische Haltung, die immer auch mit einem Schuss Selbstironie gewürzt ist.

Der Narr bin ich

„Ich habe mal vor Jahren in einem Interview gesagt, dass ich mich wie einen Clown betrachte“, erläutert Gitte ihr Selbstverständnis. „Ich halte diese Rolle für angemessen, da sie mir eine größere Bewegungsfreiheit in der bunten Palette des Lebens gestattet. Ich sehe das Leben als Ausdruck von Tragik und Komik, nichts kommt näher an die Wirklichkeit heran. Genau das ist es, was der Clown ausdrückt. Es ist das befreite Lachen, wie auch die sanfte Melancholie, die die Wirklichkeit des Daseins abbildet.“ „Was ihr wollt“ ist wie ein Spiegel dieser Aussage. Das Album beweist eindrucksvoll wie zeitlos Gittes Songs sind, die in ihrem Wesen immer an das Wesentliche appellieren. Egal ob witzig, ironisch, stark oder melancholisch, es ist – wie die Amerikaner sagen – immer „the real thing“.


Über die Leichtigkeit in der Perfektion

Gitte war immer eine Suchende und hatte dabei immer einen großen qualitativen Wegweiser im Kopf. Mit der Musik hat Gitte Haenning früh angefangen. Bereits mit acht Jahren trat sie gemeinsam mit ihrem Vater, dem „Troubadour“ Otto Haenning, auf die Bühne, wo sie mit ihm Duette sang.

Gittes musikalischer Weg bewegte sich immer schon in einem bis dato ungelöstem Spannungsfeld von kommerziellem Mainstream und experimentellen Phasen, die aus ihrer Leidenschaft zur Musik heraus in qualitativ hochwertigen Jazzveröffentlichungen ihren Ausdruck und Erfolg fanden. „Was ihr wollt“ ist ein  Album, das es schafft, viele Facetten Gittes unter einen Hut zu bringen und dem Werk eine besondere kreative Kraft zu geben. „Es sind die Widersprüche und mutige Entscheidungen gegen den Strom zu schwimmen, die letztlich zur Weiterentwicklung führen“, erklärt die Künstlerin ihr musikalisches Credo. Zusammen gearbeitet hat Gitte Haenning bei diesem Album mit den Produzenten Roland Spremberg (Rosenstolz, A-HA u.v.m.) und Christian Lohr (Gianna Nannini, Joss Stone u.a.). Als Grundlage für diese Produktion diente eine Auswahl der großen Hits der Künstlerin. Gemeinsam mit Christian Lohr und Maya Singh schrieb Gitte vier neue Songs, die ebenfalls auf dem Album ihren Platz gefunden haben und den bekannten Songs in nichts nachstehen, sich wie eine Brücke ins Hier und Jetzt anfühlen.

Ich will nie mehr zu früh zufrieden sein

„Ich wollte keine leichte Soße“, erklärt Gitte augenzwinkernd ihre Intention für die Aufnahme ihrer Songs. Und einfache, belanglose Arrangements sind auf dem Album auch weit und breit nicht zu finden. Im Gegenteil, es ist gelungen, den älteren Songs einen modernen und gleichzeitig anspruchsvollen neuen musikalischen Mantel zu verpassen, der so gut sitzt, dass gerade die älteren Hits wirklich noch mal an Strahlkraft gewonnen haben. Eine Kunst, die allzu selten gelingt, hier jedoch mit der besagten kreativen Verspieltheit genau ins Ziel getroffen hat. Gute Beispiele hierfür sind die rockige und countryinfizierte, humorvolle Version des Klassikers „Ich will nen Cowboy als Mann“ mit seinem aufpeitschendem Geigensolo, das atmosphärisch dichte und im anachronistischen Popsound angelegte „Die  Frau, die dich liebt“, auch der Gitte Klassiker „Ich bin stark“ hat ein sehr eigenes Profil, er steht für sich alleine und wird in erster Linie durch Gittes Ausdruck getragen – so sensibel und nah hat man diesen Song noch nie gehört. Geradezu zerbrechlich wirkt diese Version des Jahres 2010. Speziell das Lied „Ich will alles“, das von Roland Spremberg produziert wurde, verdeutlicht Gittes wunderbare Selbstironie und belegt das schon erwähnte Clowneske der Haenning.

Es geht wieder los, ich kann wieder fliegen…

„Es geht wieder los, ich kann wieder fliegen…“, heißt es in einem der neuen Songs „Salz in der Luft“. Der Song ist so etwas wie das persönliche Motto für die neuen Stücke auf dem Album „Was ihr wollt“. Ein Zug fährt durch die winterliche Küstenlandschaft. Lautmalerisch schleicht sich der Song langsam ins Ohr, um im Refrain die Sonne aufgehen zu lassen und jede Menge Endorphine freizusetzen. Schlagworte wie Leben pur, Aufbruch oder die romantische ewige Reise wandern durch die Gedanken. Dazu kommt der Gesang Gittes, der in seiner emotionalen Direktheit fast ohne Effekte ganz aus sich selbst heraus singt. Diese ewige Reise des Lebens findet in dem Song „Heimatlos melancholisch“ seine von sanfter Melancholie geprägte Fortsetzung. „Zu Hause ist nur tief  in mir drin“ heißt es da und es liegt in der Logik der Dinge, dass ein kreativer Künstler, der viel unterwegs ist, den Begriff Heimat in dieser Form erlebt. Metaphorisch gesehen liegt der Reiz dieser Worte aber auch in der ewigen Suche nach der Heimat in sich Selbst. Der anspruchsvolle Text fügt sich in einen perfekt arrangierten und produzierten Popsong ein. Das Lied „Mit jedem Abschied fängt was an“ steht für Tiefsinn. Lebensweisheit und dem Funken Hoffnung der immer glüht. Groovy und optimistisch wippt der Song lässig vor sich hin und verspricht doch nicht zuviel, denn am Ende heißt es „wer weiß wie lang es dauern kann“. Den inhaltlichen Rahmen zu „Was ihr wollt“ setzt das sparsam instrumentierte Chanson „Shakespeare beschwören“. Es beschreibt die Liebe und das Leben als Bühne auf der wir unsere Rollen spielen, erzählt vom Narren, „der uns vom Glück erzählt, von Liebe Macht und Geld“. Alles ist scheinbar möglich, auch das Unmögliche, bis der Vorhang fällt und das Stück in der Ewigkeit endet.

Was ich will

Das Album „Was ihr wollt“ verbindet viele kreative und künstlerischen Facetten Gitte Haennings, ist ein Spiegel ihrer Seele, ihrer Träume, vieler Talente und auch ihrer Poesie. Es ist daher auch ein Musikgewordenes „Was ich will“ dieser großen Künstlerin. Der vorliegende Tonträger bestätigt dieses Credo auf mannigfaltige Weise. Die Virtuosität des Musikers, die in jeder Note, in jedem Klang stecken kann, kreiert die Leichtigkeit und ist letztendlich das, was „wir alle wollen“.

Gitte sagt: „Ich singe für Menschen“!