Unter den Pianisten des vergangenen Jahrhunderts gehörte er zu den eigenwilligsten und zugleich schillerndsten Persönlichkeiten: der 1930 in Wien geborene Friedrich Gulda. Seine Karriere als klassischer Pianist verlief keinesfalls geradlinig und widerspruchsfrei. In den 70er Jahren wurde sie von Guldas früher und intensiv gelebter Liebe zum Jazz dominiert. In bewusster Opposition zu den “scheißreaktionären Kunstlemuren des Klassikbetriebs”, zu Frackzwang und steifen Ritualen komponierte er Jazz-Klavierstücke, spielte Jazz im Trio, kombinierte in seinen live-Konzerten Jazz- und Klassikrepertoire. Anfang der Achtziger dann vollzog sich bei Friedrich Gulda ein Prozess kompromißloser Hinwendung zu Mozarts Werk. “Herr Mozart”, wie er ihn fortan liebevoll nannte, wurde nun neben Bach zu einem weiteren Schwerpunkt seines Wirkens.
Bachs Musik – Zu Gottes Ehre
Aus Anlass des 90. Geburtstages von Friedrich Gulda hat Deutsche Grammophon jetzt ein digitales Essentials-Album aufgelegt. Wie nicht anders zu erwarten, bestand die Qual der Wahl bei dem so umfangreichen und qualitatitiv hochwertigen Material dieses Künstlers und damit in der Beschränkung auf signifikante Ausschnitte.
Den Schwerpunkt der Sammlung bilden Aufnahmen der beiden Doppelalben “Guldy plays Bach” (2008) und “The Gulda Mozart Tapes” (2006). Ergänzt wird die Auswahl durch Aufnahmen des Albums “Gulda plays Chopin” (2010), darunter das Chopin-Klavierkonzert Nr. 1 in der 1905 entstandenen, eher selten aufgeführten Bearbeitung durch Balakirew.
Von jeher war Guldas Verhältnis zur Musik von Johann Sebastian Bach von besonderem Charakter. Tief beeindruckte ihn Bachs Credo “… dass die Musik von Gott komme und allein seiner Ehre diene. Diese Überzeugung stand für Bach jenseits jeden Zweifels und teilt sich aus allen seinen Werken in überwältigender Weise mit.” Und wer auf den “Essentials” Guldas Bach-Aufnahmen verfolgt, etwa das Italienische Konzerte (BWV 971) oder die Englische Suite Nr. 3 (BWV 808) erlebt mit, wie Gulda den Bach’schen Geist auf dem Flügel erstehen lässt.
Auf dem legendären Album “The Gulda Mozarts Tapes” wurden Aufnahmen veröffentlicht, die 25 Jahre nachdem sie entstanden waren, wiederentdeckt wurden! Darunter auch die Klaviersonate Nr. 11 in A-Dur, KV 331, die in der Essential-Sammlung nicht fehlen darf, ebensowenig wie der 2. Satz des berühmten d-Moll-Konzertes K 466.
Gulda auf Vinyl
Das digitale Album “Essentials” von Friedrich Gulda steht ab dem 20. Mai zum
Download und im Stream bereit. Außerdem wartet die Deutsche Grammpohon zum 90. Geburtstag Guldas noch mit zwei Vinyl-Veröffentlichungen auf. So werden seine 1978 entstandenen Aufnahmen von
Mozarts Klaviersonaten No. 17 in D (K576),
No. 16 in B-Dur (K570) und die
Fantasia in c-Moll (K475) erneut auf Vinyl erscheinen. Friedrich Guldas Lieblingskonzerte von Mozart waren die
Klavierkonzerte Nr. 25 (K503) und
27 (K595), so war auf der Rückseite der 1976 erschienenen LP zu lesen. Guldas denkwürdige Interpretationen werden durch diese originalgetreue Wiederveröffentlichung noch für viele Generationen fortbestehen.