“Alle Gestalten aus den Grenzbereichen des Menschlichen” gehörten zum Repertoire des großen Mimen Ernst Deutsch, der selbst noch die “oft missbrauchte Gestalt des Shylock” aus Shakespeares Kaufmann von Venedig zu einem menschlich verständlichen Porträt des getretenen, gedemütigten Leids" macht. Heinz Ritter
Die Stationen im künstlerischen Leben von Ernst Deutsch (1890 −1969) gleichen einer Wanderung entlang der Pfade expressionistischen Schaffens zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Bereits zwei Jahre nach seinem Bühnendebüt an der Wiener Volksbühne (1914) glänzt er in Dresden in Walter Hasenclevers “Der Sohn”. Zwischen 1917 und 1933 arbeitet er mit zwei so unterschiedlichen Regie-Ikonen wie Max Reinhardt und Erwin Piscator. Mit Franz Werfel verbindet ihn eine frühe, gleichwohl ein Leben lang andauernde, Freundschaft. Sehr schnell erwirbt er sich quer über alle wichtigen Theaterbühnen hinweg den Ruf als “Herold” des expressionistischen Theaters. Die Machtübernahme der Nazis lässt ihn schließlich – nach kurzen Intermezzi an Theatern in Wien, Prag, Zürich und Brüssel – 1938 in die USA emigrieren. 1939 nimmt er die amerikanische Staatsbürgerschaft an und wirkt unter dem Pseudonym Ernest Dorian in verschiedenen Hollywood-Filmen mit. 1949 übernimmt er die Rolle des Baron Kurtz im britischen Filmklassiker “Der Dritte Mann”. Nach dem Krieg kehrt er an die deutschsprachigen Bühnen zurück: Wiener Renaissance- und Burgtheater, Düsseldorfer Schauspielhaus, Berliner Schillertheater. Die Rolle seines Lebens hat er in Lessings “Nathan der Weise” gefunden – mehr als elf Jahre lang und in über 1000 Aufführungen steht der Schauspieler jüdischer Abstammung als Nathan auf der Bühne.