Mit “Neuanfang” präsentiert Clueso sein siebtes Album – und das erste, auf dem er sich mit all den Zweifeln, Ängsten und Abhängigkeiten beschäftigt, die seit dem Erscheinen seines ersten Albums “Text und Ton” im Jahr 2001 in ihm gewachsen sind. “All die schönen Erinnerungen, ich halt sie hoch”, heißt es im Titelsong, “Ich fühl mich einen Tag schwach, einen Tag wie neugeboren.” Es sind keine kühlen Weisheiten, die er in den zehn Songs des neuen Albums verkündet.
Vielmehr hinterfragt Clueso auf seine sensible, suchende Art sich selbst und die Gesetze der Musikszene, die ihn in den vergangenen Jahren so geprägt haben – die er mitunter auch selbst bestimmt hat – immer wieder darauf bedacht, seinen eigenen Weg zu gehen. So produzierte er seine Alben und Tourneen selbst und reiste zeitweise eigenfinanziert mit seinen Musikern und einer 70-köpfigen Crew – meist aus Freunden bestehend – durch Deutschland.
Der Preis der Berühmtheit, das ist das Kernthema des neuen Albums von Clueso. Wer führt eigentlich noch Regie über mein Leben? Das fragt er sich. Er, der Künstler, oder sein Umfeld? Während der vergangenen Tour wuchs eine tiefe Sehnsucht in ihm, sich vor 50.000 Menschen auf die Bühne zu legen und einfach zu schlafen. Er trennte sich von seiner Band und in den Tagen, als er “Neuanfang” im Studio aus sich herausschrie, auch von seinem Manager. Er zog aus der Wohngemeinschaft aus und verließ den Zughafen, das von ihm mitgegründete unabhängige Netzwerk für Kulturschaffende im Zentrum seiner Heimatstadt Erfurt.
In dieser Zeit lernte er den Produzenten Tobias Kuhn kennen. Weil die Angst sich mit jemand Fremden zu binden erst mal groß ist, unternehmen die beiden gemeinsam mit Tim Neuhaus, dem Schlagzeuger aus Cluesos ehemaliger Band, eine Reise in die Alpen. Am Ende fühlen sie sich bereit für einen gemeinsamen Neuanfang – und es wird aus dem Vollen geschöpft. Neuanfang rumpelt, atmet und lebt an allen Ecken. Das Album ist teilweise auch eine Rückkehr zu seinen HipHop-Wurzeln. Soul hatte Clueso schon immer. Das alles spürt man jetzt noch mehr: Gospel, Chor und Bläser – ein Album wie eine 7inch-Jukebox.
Clueso sagt, er wünschte sich, dass alle ordentlich durchgeschüttelt werden, aber der Fan nicht aus der Kurve fliegt beim Zuhören. Die Message sei wichtiger als die Poesie. Er selbst befindet sich noch auf einer Fahrt, das spürt man, wenn man die neue Platte aufmerksam gehört hat. Er erzählt von Unabhängigkeit und Reife, vom Zurück- und Vorausschauen, vom Hinfallen und Aufstehen, vom Loslassen und Umarmen, vom Weitermachen und Neuanfängen. “Für mich ist es ein wichtiges Album”, sagt Clueso, “weil ich mich hinterfrage, ohne mich zu verlieren.”