Ihren Ursprung hat die 2003 gegründete Band Baroness in der lokalen Sludge-Szene von Savannah, Georgia. Dort machten sich Baroness, die von Anfang an dem DIY-Punk-Ethos folgten, indem sie ihre Konzerte selbst buchten sowie die Band-Shirts im Siebdruckverfahren eigenhändig herstellten, schon bald einen Namen. 2007 veröffentlichen Baroness schließlich ihr hochgelobtes Debüt, das Red Album, ein sumpfiger Sludge-Riff-Koloss, der vom Metal-Magazin Revolver gleich zum Album des Jahres gekürt wurde. Zwei Jahre darauf wurde der noch härtere Nachfolger, Blue Record, vom Extetem-Metal-Magazin Decibel zur “Platte des Jahres” gewählt. Auf ihrer letzten Veröffentlichung, dem 2012er Doppelalbum Yellow & Green, öffneten sich Baroness dann noch weiter, wurden etwas leichtfüßiger und entdeckten eingängigen Gesang und Alternative-Rock-Arrangements für sich. Das Resultat: Der erste Einstieg in die US-Top 30 und die Auszeichnung “Metal Album des Jahres” vom Spin-Magazin. Bedauerlicherweise konnte die Gruppe die Früchte des Erfolges von Yellow & Green nicht vollständig auskosten.
Im August 2012, weniger als einen Monat nach der Veröffentlichung von Yellow & Green, geschah das große Unglück. Baroness befanden sich gerade auf Tour in England, als ihr Bus in der Nähe von Bath durch eine Leitplanke raste und neun Meter in die Tiefe stürzte. Es mutet wie ein Wunder an, dass keiner der neun Passagiere bei diesem Unfall ums Leben kam. Sänger und Gitarrist John Baizley brach sich den linken Arm und das linke Bein; die damalige Rhythmussektion, Bassist Matt Maggioni und Schlagzeuger Allen Blickle, hatten beide Frakturen an der Wirbelsäure zu verzeichnen.
“Ich lag in meiner Koje als die Bremsen ausfielen. Als wir immer weiter Fahrt aufnahmen, war mir sofort klar klar, dass es krachen wird”, erinnert sich Gitarrist Pete Adams, "Ich war weder angespannt, noch habe ich mich in eine Sicherheitsposition begeben. Ich hab mich einfach nur in meiner Koje umgedreht und mir selbst ein paar beruhigende Worte zugeflüstert. Nach dem Motto: “Sollte es das gewesen sein, macht bitte, dass alles schnell geht.” Das Nächste woran ich mich erinnere war, dass plötzlich alles vorbei war. Auf einmal stehe ich da und hab mir nicht mal was gebrochen. Ich hatte Verbrennungen und Schnittwunden, blutete und war wie benommen – aber ansonsten okay. Daraufhin hab ich mich zusammengerissen und angefangen, den anderen herauszuhelfen. Ich dachte damals, dass die Band mit ziemlicher Sicherheit Geschichte wäre."
Baizley verbrachte zweieinhalb Wochen bewegungsunfähig im Krankenhaus und brauchte anschließend Monate, um sich von seinen Verletzungen zu erholen. Als es soweit war, beschlossen Adams und er mit der Band weiter zu machen: "Ich hab mich mit James Hetfield unterhalten, der auch mit den Folgen eines Busunfall-Traumas zu kämpfen hatte, und der hat mir folgendes gesagt: “Das Leben wird eine Zeitlang ziemlich anstrengend für dich, aber letztendlich wird alles gut werden. Du kriegst das schon hin!” Nachdem ich erst mal mit der Physiotherapie angefangen und auch wieder Gitarre gespielt hatte, dachte ich genau das. Ich packe es. Es ist doch noch nicht alles vorbei."
Rückblickend betrachtet, behielt Hetfield recht. Baroness hatten das Schlimmste hinter sich. "Auch wenn das ganze Unfallgeschehen sicherlich von Interesse ist, haben wir die Geschichte in den letzten Jahren doch immer und immer wieder sehr detailgenau durchgekaut", erklärt Baizley. "Das neue Album nimmt sich des Unglücks nicht nur an, sondern es setzt zugleich auch einen Schlusspunkt dahinter. Baroness gab es vor dem Unfall und wird es nun auch danach weiter geben. Wir sprechen lieber über das, was wir mit “Purple” kreiert haben, als dass wir uns allein auf jene eine Episode reduzieren und diese die Band definieren lassen wollen."
Wieder genesen, machte sich Baizley zunächst daran, die richtige Rhythmussektion zu finden, nachdem Maggioni und Blickle sich in Freundschaft von der Band getrennt hatten. Um die passenden Kandidaten zu finden, holte sich Baizley abermals Rat bei prominenten Freunden. Mastodons Brann Dailor brachte schließlich den Namen des Trans Am-Mitglieds Sebastian Thomson als potentiellen neuen Trommler ins Spiel. “Wir haben gar nicht erst jemand anderen vorspielen lassen”, so Baizley. Eine Freundin schlug unterdessen vor, einen Bassisten auszuprobieren, den sie als den Besten, den sie je gehört hatte, beschrieb. Dieser entpuppte sich als Nick Jost, der sowohl Bass wie Kontrabass beherrscht und zudem ein begnadeter Pianist und diplomierter Jazz-Komponist ist.
Mit neuer Besetzung begab sich die Band im Frühling 2013 auf eine ausgiebige Tour, die Baizley als “die Dankeschön-Tour” bezeichnet und mit der Baroness sich bei den Fans erkenntlich zeigen wollten, die ihnen in ihren schwersten Stunden die Treue gehalten hatten. Abgesehen von einer Handvoll Shows in Australien, verbrachten Baroness den Rest des Jahres 2014 damit, sich auf das nächste Kapitel ihrer Karriere vorzubereiten. Das Bandeigene Indie-Plattenlabel, Abraxan Hymns, wurde ins Leben gerufen und erste Songs für “Purple” geschrieben.
“Ich wollte unserer Misere mit Kreativität begegnen”, sagt Baizley über das neue Album. “Die Texte der Platte behandeln die verschiedenen Pfade, die zu dem Unfall führten. Das lyrische Spektrum reicht dabei von sehr direkten Geschichten über schwierige Zeiten bis hin zum Ausdruck der Liebe, die ich für die Leuten empfinde, die für mich da waren.”
Zuletzt hatte Adams noch festgehalten, dass erst seitdem man wieder auf Tour sei, sich Baroness wieder wie eine Band anfühle. Mit “Purple” in der Hinterhand ist diese Band nun bereit, es erneut mit der Welt aufzunehmen. “Es gibt jetzt wieder viel mehr Spielfreude bei uns”, so Adams, “Jeder ist guter Dinge und es hängt keine schwere Wolke mehr über uns. Noch nie wurde bei Baroness soviel gelacht und gelächelt. Und das ist nicht gekünstelt. Dafür bin ich dankbar.”