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Andreas Gabalier und MTV Unplugged: In der Ruhe liegt die Kraft oder der Ritterschlag von Wien

Gabalier Unplugged Webgrafik
24.10.2016
MTV Unplugged – oder ausg’steckt, wie man in Österreich sagt. Das ist die große Kunst,  die leiseren Töne zum Schweben zu bringen. Unplugged – das ist auch ein gewachsenes Gütesiegel wie die Aufnahme in einen sehr exklusiven Künstler-Club.
Andreas Gabalier und MTV Unplugged. Abgesehen davon, dass er der erste österreichische Künstler ist, der sich unter diesem legendären Label beweisen darf, steckt in der ganzen Geschichte der Hammer per se. Vom Stadl zu MTV Unplugged! Ja darf er denn des überhaupt, der Lederhosen-Bua? Klar, wieso nicht? Die selbst nie gesteckten, von der ‚Musikpolizei‘ jedoch gerne herbeischwadronierten Grenzen, die hat der VolksRock’n’Roller nun endgültig aufgehoben, sorgte damit zuerst für Verblüffung und schließlich für ein großes, positives Echo im Land. Vor allem in der eigenen Heimat.
Gabaliers Lieder durften sich nun als das beweisen was sie waren: Songs, in schönster Songwriter-Tradition. Der Ritterschlag für den VolksRock’n’Roll. Nach Clapton, Nirvana und Co nun ‚I sing a Liad für di‘… und es war überhaupt nicht gewöhnungsbedürftig, was sich da in einer heißen Sommernacht im 2. Wiener Gemeindebezirk abspielte. Vielmehr war es ein echtes Erlebnis!
Unplugged gilt nicht für Scheinwerfer
Unscheinbar ist es, das Odeon-Theater in der Wiener Taborstraße. Von außen. Innen entfaltet es die gesamte Pracht einer legendären Spielstätte.
Sommer in Wien. Heiß. Drinnen und draußen. Unplugged gilt nicht für Scheinwerfer. Die bleiben plugged. In der Mitte des Raumes ist die Bühne aufgebaut. Alles passiert hautnah am Publikum. Die hochkarätige Band, sowie der musikalische Leiter der Show und Mastermind aller Gabalier-Produktionen, der Producer und Arrangeur Mathias Roska, sind rund um Andreas gruppiert. In dessen Rücken wiederum, da sind 40 Orchestermusiker zugange. Am Pult ein Maestro seiner Klasse: Christian Kolonovits. Er dirigiert Orchester-Arrangements aus der Feder von Johnny Bertl. Geboten wird eine neue Seite der Werke des VolksRock’n‘Rollers… und des Künstlers.
Keine Spur von rustikaler Schenkelklopferei. Die Kraft der Show liegt in der Ruhe der Songs, in ihrer Einfachheit, der Schnörkellosigkeit und wunderschön zurückreduziert aufs Maximum.
Ob MTV über seinen Schatten sprang? Unplugged – dieses Label, den ganz großen der Rockmusik vorbehalten, nun auf einmal mit Dirndl und Lederhose konfrontiert? Wie und was auch immer dazu geführt hat, das Ergebnis ist sehens- und hörenswert. Und, im wahrsten Sinne des Worts, einmalig!
Donauwalzer und Naidoo
Gabalier hat Gäste geladen, doch bevor Xavier Naidoo, Gregor Meyle, Max Giesinger und die Hip Hopper 257ers Teil des Programms wurden, erklang der Donauwalzer. Klar. Man ist ja in Wien und da gehört es sich mit der heimlichen österreichischen Nationalhymne den Abend einzuleiten. Andreas Gabalier, der Künstler um den sich an diesem Abend alles dreht, er weiß ob der Bedeutung der ganzen Geschichte. Er ist nervös, wirkt so überhaupt nicht wie der abgeklärte VolksRock’n‘Roller, der kurz zuvor 70.000 in München gerockt hatte. Das macht den Mann sympathisch. Es ist eine Form des Respekts den der Künstler vor dem Format hat. Er will gut sein, sehr gut sogar, MTV Unplugged macht man nicht jeden Tag. Der Ritterschlag, er darf keine blauen Flecken auf seiner Musikerschulter hinterlassen. Die Demut, die der sonst nicht um griffige Sprüche verlegene Andreas vor dem, was er sich im Odeon-Theater vorgenommen hat, ist spürbar und als er dann von den Emotionen überwältigt und an den Tod seiner geliebten Oma erinnert wurde, spätestens dann war jeder und jedem im Raum klar, dass das ein authentischer Abend wird.
Gabalier schöpft aus seinem Repertoire. Fällt nicht der Versuchung anheim zu rustikal zu wirken, zeigt die musikalischen Genstrukturen seiner Hits auf, macht klar, dass alles aus Gitarre und Klavier gewachsen und somit unplugged-würdig ist.
‚Für mich bist du schön‘ – Andreas am Klavier. Feuerzeuge sind im Odeon-Theater verboten. Handys auch. Man glaubt es kaum, aber ohne Lichtermeer wirkt das Lied noch intensiver. Nichts lenkt ab von vom Text, dem Klavierspiel und vor allem von der Emotion die in Andreas‘ Stimme mitschwingt.
Andreas singt auch jenes Lied, welches seine Marke im Titel trägt: VolksRock’n’Roller. Die Medien schieben da gerne ein ‚selbsternannt‘ dazwischen. Das ist Unsinn. Jede Marke entwickelt sich aus sich selbst. Die Zeit ist reif das ‚selbsternannt‘ in Rente zu schicken. Der Mann ist was er singt: Der VolksRock’n’Roller – auch ohne große P.A. im Rücken.
Auftritt Max ‚Voice Of Germany‘ Giesinger. Max und Andreas im Duett mit ‚Sie‘. Der Song ist kein typischer Gabalier-Titel, vielmehr erinnert er an die kompakten US-Stadion-Rock-Hymnen. Auf der großen Bühne entwickelt ‚Sie‘ eine Wall Of Sound. Hier kommt die Kraft über die Persönlichkeit der beiden Sänger und über das akustische Arrangement. Die Performance der beiden zeigt: Der Song ist noch immer ein Geheimtipp mit dem Potential irgendwann einmal durch die Decke zu gehen.
Für den körperlichen Infight, der Königsklasse der Liebe, gibt es seit einiger Zeit ein ganz besonderes Zauberwort: Hulapalu. Wenn dieses Hulapalu zusätzlich noch mit Holz angeheizt wird, dann wird’s erst richtig heiß in der Hütte! Andreas Gabalier und die 257ers  – diese Kombination gibt dem Song nun einen neuen, einen weiteren Drive. Als Teil der MTV Unplugged-Show hat Andreas die beiden Hip Hopper in die Sendung geladen und die zwei musikalischen Welten, die sich sonst eher diametral gegenüberstehen, lassen es beim ältesten Thema der Welt, schön harmonisch gemeinsam krachen.  Das Ergebnis ist Hulapalu in Lederhose, mit Converse an den Füssen. Am Kopf, in dem sich der Ohrwurm breitmacht, wippt die Baseball-Kappe.
Dann das: Mit „Amoi seg‘ ma uns wieder“ hat die Freundschaft begonnen. Sie haben sich immer wieder gesehen, getroffen und mögen sich. Es herrscht eine Art Geistesverwandtschaft zwischen Andreas Gabalier und Xavier Naidoo. Der Mannheimer und der Mountain Man sind aus sehr ähnlichem Holz geschnitzt und wenn der eine ‚A Meinung haben‘ anstimmt, dann steigt der Freund mit ein und ist inhaltlich voll auf Linie. Das Duett, es durfte nicht fehlen und so erinnerten die beiden an ihren ersten gemeinsamen Auftritt, an jene Minuten, in denen ‚Sing meinen Song‘ sich tief in die Erinnerung der Fans eingegraben hat. Dann, wenn das Orchester anhebt, aus dem Lied ein persönliches Statement wird, dann wird ‚A Meinung haben‘ einer der Höhepunkte von Gabaliers MTV Unplugged.
Ein weiterer Gänsehautmoment der Show ist, wenn Gregor Meyle und Andreas Gabalier sich gemeinsam an ihren zu früh verstorbenen Kollegen, den Ausnahmemusiker Roger Cicero, erinnern. War beim Tauschkonzert Meyles Version des Cicero-Songs ‚In diesem Moment‘ bereits wundervolles Musikfernsehen, so wurde durch das traurige Ereignis die Performance von Andreas und Gregor zu einem berührenden, für sich stehenden Tribute.
Die Diva und der Steirer-Bua oder kleines Lied ganz groß!
Wien. Studio Rosenhügel. Das weiße Dinner-Jacket sitzt perfekt. Die kurze, schwarze Lederhose mit den weißen Nähten ist der perfekt gesetzte, modische Kontrapunkt. Dazu weißes Hemd, weiße Fliege. Andreas wartet auf seine Duett-Partnerin. Es sind die beiden Welten des Andreas Gabalier die er sichtbar am Körper trägt und es ist auch ein Symbol dafür, auf welcher Reise sein Lied ‚Amoi seg‘ ma uns wieder mittlerweile unterwegs ist…
Auftritt Anna Netrebko. Die weltweit populärste und erfolgreichste Sängerin der klassischen Musik findet sich im Synchron Stage Studio Vienna ein. Es ist ein Platz der Superlative. Eines der weltweit besten Tonstudios mit einem Aufnahmeraum der jedes Kommandopult der Enterprise in den Schatten stellt. Das Orchester stimmt sich ein, Christian Kolonovits dirigiert und Anna Netrebko wird mit den Eigentümlichkeiten des steirischen Dialekts konfrontiert. ‚Amoi seg‘ ma uns wieder‘.
Es ist nicht irgendein Lied, sondern eine gesungene Empfindung, gewidmet engen Familienangehörigen des Andreas Gabalier, die sich dazu entschlossen hatten nicht mehr weiterleben zu wollen. Eine Tragödie mit der die Familie und Andreas bis heute leben müssen. Das durchzustehen, dazu hat dieses Lied geholfen. Andreas hat es geschrieben und ohne großes Getöse vor vielen Jahren, zu einer Zeit als von Karriere noch nicht die Rede war, in die Welt gesetzt. Einer gesungenen Flaschenpost gleich hat es sich auf den Weg gemacht. Ein kleiner, sehr zärtlicher Song, vom Klagelied weit entfernt. Wenn Andreas dieses Lied im Konzert anstimmt, dann ist selbst im 70.000er Stadion die berühmte Stecknadel zu hören. Das Lied erzählt vom Leben und vom Zusammentreffen danach. Es erzählt von uns allen und es berührt uns alle. Spätestens dann, wenn wir uns aus gegebenen Anlass im Text wiederfinden.
Kleines Lied ganz groß. Die charakteristische Stimme des VolksRock’n’Rollers trifft auf Anna Netrebko. Sie singt weder auf Russisch, Englisch oder Hochdeutsch. Sie singt so, wie es die Genstruktur des Songs vorgibt: Auf Steirisch! Das erfordert Einfühlungsvermögen, nicht zuletzt eine große Portion Ehrgeiz und den Willen das zu schaffen. Anna Netrebko steigt tief in den Song ein. Lernt die steirische Sprachmelodie zu lesen und zu empfinden. Andreas ist ihr autochthoner Begleiter, Christian Kolonovits der Steuermann. Die Tiefe der russischen Seele steuert schließlich das Gefühl bei und das große Können der Diva den stimmlichen Ausdruck. Andreas Gabalier, Anna Netrebko und Christian Kolonovits gaben mit der am Rosenhügel entstandenen Aufnahme ‚Amoi seg‘ ma uns wieder‘ dem Lied den Auftrag weiter zu wandern. Über Genre-Grenzen hinweg und alle einengenden Formate überwindend und der eigentlichen Botschaft folgend: Es kommt der Moment, wo wir alle wieder gleich sind und zurück bleibt nur die Erinnerung…
Das Duett Netrebko – Gabalier ist eingebettet in Andreas‘ MTV-Performance. Viel mehr ist dazu nicht zu sagen. Das Ereignis und das Ergebnis stehen für sich.
Nur der Himmel ist das Limit
‚You can’t always get what you want‘ – zu  MTV Unplugged gehört eine Cover-Version. So ist es Tradition, seit Jahrzehnten. Gabalier hat sich für diesen Titel der Stones entschieden. Hier war der Text nicht der Vater des Wunsches, denn dieser ist dem Mountain Man sehr wohl in Erfüllung gegangen. Vielmehr gilt für Andreas das Motto ‚Nur der Himmel ist das Limit‘. Der Rückblick auf das bisher erreichte, die sagenhafte Karriere, lässt sich nur unter ‚wer hätte sich das gedacht‘ subsummieren. Zu MTV Unplugged eingeladen zu werden, das war ihm wohl eine große Ehre  und es hat ihn sichtlich auch riesig gefreut.
Wie sehr, das ist nachzusehen und zu hören auf der entsprechenden CD und DVD! Und am 25.11. auf MTV!

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