Vom unschuldigen Blick der jungen Dame auf dem Coverfoto von “Emotional Dance” sollte man sich nicht täuschen lassen. Die 21-jährige Katalanin Andrea Motis versteht zu swingen, als sie hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht. Und irgendwie stimmt das auch – schließlich spielt sie schon seit ihrem siebten Lebensjahr Trompete und hat den Kanon der Jazzstandards der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts seitdem auch hoch- und runtergesungen. Wobei sie den alten “Jazzkamellen”, aber auch ohrwurmigen Bossa Novas mit ihrer Stimme und Trompete eine erfrischend neue, jugendliche Note verleiht.
Als ihre größten Einflüsse nennt Andrea Motis Louis Armstrong und Chet Baker. Ihre Stimme wiederum wird oft – nicht zuletzt wegen ihres erstaunlich lässigen Timings – mit der von Norah Jones verglichen. Auf ihrem ersten Soloalbum für Impulse! Records lädt sie nun zu einem “Emotional Dance” ein. Dabei beeindruckt sie nicht nur als Sängerin und Instrumentalistin, sondern auch mit fünf erstaunlich reifen Eigenkompositionen, darunter die entspannten Bossas “Emotional Dance” und “Matilda” sowie die flotte Hardbop-Nummer “Save The Orangutan”.
Es gibt nur wenige Jazzmusiker, die in diesem Alter schon einen so beeindruckenden Lebenslauf vorweisen können wie Motis. Bereits auf über einem Dutzend Alben hat sie ihre musikalischen Talente demonstriert, gelegentlich auch als Saxophonistin. Entweder in gemeinsamen Projekten mit ihrem Lehrer und Mentor Joan Chamorro oder in von diesem geleiteten Bands. Als sie Quincy Jones, der von Haus bekanntlich selbst Trompeter ist, 2011 beim Festival de Castell de Peralada in Nordkatalonien mit der Jugendjazzband der Sant-Andreu-Musikschule hörte, war er so begeistert, dass er Andrea später beim Auftritt seiner Global Gumbo All Stars zu sich auf die Bühne holte. Nun ist für die junge Musikerin endlich der Zeitpunkt gekommen, das Nest der Sant Andreu Jazz Band zu verlassen und flügge zu werden.
Auf “Emotional Dance” singt sie wechselweise in Englisch, Katalanisch oder Portugiesisch und spielt natürlich Trompete. Aufgenommen hat sie das Album in New York unter der Regie der beiden erfahrenen Produzenten Jay Newland und Brian Bacchus mit ihrem Quintett – bestehend aus Pianist Ignasi Terraza, Gitarrist Josep Traver, Bassist und Saxophonist Joan Chamorro sowie Schlagzeuger Esteve Pi – sowie spanischen (Perico Sambeat) und US-amerikanischen Gastmusikern (Gil Goldstein, Warren Wolf, Scott Robinson und Joel Frahm). Ihren katalanischen Wurzeln huldigt Andrea Motis dabei durch Interpretationen der Sardana “La gavina” (eine Volkstanzmusik, die unter Franco lange Zeit verboten war) des Komponisten Frederic Sirés i Puig (1898–1971) und des Songs “Louisiana o els camps de cotó” der Neo-Folk-Pop-Band Els Amics de les Arts.