Adriano Celentano hat die Bildsprache der italienischen Musik verändert und über alle Grenzen hinausgetragen. Seine Geschichte lässt sich weder als „einheimisch“ begrenzen, noch einer bestimmten Richtung oder Zeit zuordnen. Celentano ist niemals Trends gefolgt, und er war nie eine „Modeerscheinung“.
“Wir neigen dazu, diesen frischen, idealistischen Lebensansatz zu verlieren. Manchmal erscheint das, was ich sage, unrealistisch, aber es gibt so viele Dinge, die anfangs unmöglich scheinen und dann doch wahr werden. Wenn wir diese idealistische Vision verlieren, kann die Welt nur schlechter werden.“ (Adriano Celentano)
Adriano hat es schon immer geliebt, mit der fröhlichen Energie eines Außenseiters auf die Widersprüche sozialer Entwicklung hinzuweisen – von den Gefahren im Arbeitsleben bis zu den Konsequenzen der neuen Armut, von der Ausbeutung der Umwelt bis zu unkontrolliertem Häuserbau.
Seit er 1962 sein eigenes Label Il Clan gründete, hat der Rebell Celentano sämtliche Regeln der Musikindustrie missachtet. Celentanos Karriere als Sänger, Songwriter, Schauspieler, Regisseur, Produzent und Fernsehmacher war stets von seiner Unabhängigkeit und Experimentierfreiheit geprägt. Er kann Fans in Ländern vorweisen, die – geografisch wie kulturell – weit von Italien entfernt liegen.
Seine Bestimmung, ein Künstler zu werden, der gegen den Strom schwimmt, zeichnete sich von Anfang an ab. Celentano wurde als Sohn von Einwanderern aus Puglia in einem Vorort von Mailand auf der berüchtigten Via Gluck geboren, die später zum Sinnbild für den Kampf der „nachhaltigen Entwicklung“ werden sollte: Der Kampf gegen Grundstücksspekulationen, die Sorge um die Umwelt und soziale Gerechtigkeit waren im Laufe seiner Karriere stets wiederkehrende Themen. Sein Song Il ragazzo della via Gluck (Der Junge aus der Via Gluck) wurde in 18 Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft.
Celentano platzte förmlich in die italienische Musikszene und löste eine Revolution aus. Sein ungewöhnlicher Ansatz fesselte und eroberte in den 1950ern das junge Publikum. Seine Stimme repräsentierte einen frischen Sound. Vorbei war die Ära der melodischen italienischen Musik – Adriano war von Beruf unorthodox und ein Pionier einer neuen Art von Freiheit. Er löste bei einer Zuhörerschaft, die sich nach frischen Rhythmen und Träumen sehnte, echte Emotionen aus.
In Il tuo bacio è come un rock ließ er Klänge aus Übersee mit der poetischen Ironie des Kabaretts, einer klassischen Ballade und den schwarzen „Vibrations“ eines Bill Haley verschmelzen, seiner ersten „großen Liebe“. Adriano erfand eine gebrochen synkopische Sprache, die er im Stil eines amerikanischen Schnulzensängers präsentierte.
Il tuo bacio è come un rock stürmte nach seiner Veröffentlichung die Charts, und ihm folgten zahlreiche weitere Hits, darunter auch 24.000 baci, Azzurro, Una carezza in un pugno oder Svalutation.
Auch seine jüngeren CDs, Lo non so parlar d’amore (1999), Esco di rado e parlo ancora meno (2000), Per sempre (2002), C’è sempre un motivo (2004) und Dormi amore, la situazione non è buona (2007), kletterten an die Spitze der Charts, wurden millionenfach verkauft und eroberten die Herzen einer neuen Generation.
Als Schauspieler trat Celentano in über 45 Filmen auf, einschließlich leichter Komödien und Gesellschaftssatiren, und arbeitete mit unkonventionellen Regisseuren wie Pietro Germi, Sergio Corbucci, Alberto Lattuada, Dario Argento und Pasquale Festa Campanile zusammen.
Federico Fellini bat ihn, sich in La dolce vita (Das süße Leben) selbst zu spielen. Ein weiterer berühmter Filmemacher, Emir Kusturica, widmete Adriano seinen Film Ti ricordi di Dolly Bell? (Erinnerst du dich an Dolly Bell?), und selbst Pier Paolo Pasolini, hingerissen von dem Jungen, der auf der Via Gluck aufgewachsen war, ließ sich von Adrianos unerbittlichem, authentischem Geist mitreißen.
Zu seinen großen Kinohits gehören natürlich „Der gezähmte Widerspenstige“ und „Gib dem Affen Zucker“ mit Ornella Muti. Bei vier Filmen führte Celentano selbst Regie: Super rapina a Milano (1965, mit Piero Vivarelli als Coautor), Yuppi Du (1975), Geppo il folle (1978) und Joan Lui (1985).
Stets blieb er ein „unbequemer“ Prominenter in der italienischen Kulturszene.
Celentanos Shows, wahre Ideenfeuerwerke, haben das Genre der Varietéshows vollkommen auf den Kopf gestellt. Seine Fernsehshows holten pro Ausstrahlung über 15 Millionen Zuschauer vor den Bildschirm und sorgten für Schlagzeilen. Fantastico 8, Svalutation, Francamente me ne infischio, 125 milioni di cazzate und Rockpolitik sind Meilensteine der Fernsehgeschichte. Mit ihren „offenen“ Sets lehnen sie eine eindimensionale Darstellung der Realität und die autoritäre Anschauungsweise der Kameras ab.
Adriano Celentano spornt die Menschen zum Freiheitskampf an, zur Rebellion gegen eine statische Welt.