Berlin-Kreuzberg, ein licht durchflutetes Tonstudio im zweiten Hinterhof. Hier kommen die fünf neuen Gentlemen der Klassik/Pop-Szene regelmäßig mit ihre musikalischen Leiter und Produzenten Andy Lutschounig zusammen, tauschen sich aus, nehmen Songs zur Probe auf und studieren neues Repertoire ein.
Als sich die Mitglieder der Gruppe Adoro im Sommer 2007 in diesen Räumen kennenlernten, hatte jeder der Sänger bereits einzeln vorgesungen und sich gegen über hundert weitere Bewerber durchgesetzt. Trotzdem waren die zwei Tenöre und drei Baritone vor ihrer ersten Begegnung ungleich nervöser als bei den Auditions. Alle wussten, dass es darum gehen würde, gemeinsam Popsongs deutscher Provenienz klassisch zu interpretieren, jeder hatte die Stimmen der vier anderen schon gehört, sie aber noch nie gesehen.
“Opernsänger gelten ja landläufig als etwas abgehoben. Doch glücklicherweise lief es bei uns von Anfang ganz locker. Schon beim ersten Treffen war die Atmosphäre angenehm und entspannt, und wir fanden uns sofort alle gegenseitig sympathisch”, erinnert sich der Adoro-Bariton Jandy Ganguly.
“Obwohl wir unterschiedliche Charaktere sind, passen wir menschlich sehr gut zusammen. Wir ergänzen uns. Und als es richtig losging, wurde der Zusammenhalt sogar noch besser. Wenn die Chemie zwischen uns nicht stimmen würde, hätte uns das Publikum nicht so schnell akzeptiert. Die Leute spüren das”, glaubt Laszlo Maleczky, der Tenor aus Wien.
Tatsächlich sind dem musikalischen Durchbruch des eingeschworenen Quintetts monatelange Vorbereitungen vorausgegangen. Als die fünf sich in die ersten Aufnahmen stürzten, gab es noch nicht einmal einen Plattenvertrag. Doch auch nachdem Universal Music im Herbst 2007 Adoro gesignt hatte, ließen sich die Künstler nicht hetzen. Sie hatten sich als oberstes Ziel gesetzt, keine Abstriche hinsichtlich ihres selbst auferlegten hohen Qualitätsstandards hinzunehmen.
Nach Fertigstellung des Albums, ein gutes Jahr später, ging auf einmal alles ganz schnell. Am 21. November 2008 erschien die selbstbetitelte Debüt-CD “Adoro”. Drei Tage danach sang der Fünferbund im Fernsehen bei Kai Pflaume daraus den Rosenstolz-Hit “Liebe ist alles”. Die Einschaltquote ging nicht in den Keller, was in TV-Shows oft der Fall ist, sondern schoss merklich nach oben. Wie sieben Wochen zuvor bei einem festlichen Auftritt vor dem Brandenburger Tor war es den Sängern wieder gelungen, ein Massenpublikum mit Pop im Klassikgewand zu begeistern.
“Viele, die uns zum ersten Mal gehört hatten, hat unsere Musik offenbar so gut gefallen, dass sie gleich unser Album kauften. Das war uns die schönste Bestätigung”, sagt Nico Müller, Bariton aus Sachsen und jüngstes Mitglied der Band. Noch vor Jahresende 2008 sind er und seine Kollegen mit “Adoro” in die Top Ten eingezogen.
“Wir haben uns natürlich gefreut, aber wussten im Grunde gar nicht, wie außergewöhnlich es war, ohne Single, ohne Video und ohne Radioplays plötzlich ganz oben in den Albumcharts mitzumischen. Wir kommen ja alle aus dem Opernfach und hatten zu-nächst gar kein Gefühl für die Popwelt”, verrät Peter Dasch. Erst Ende Januar 2009 sei ihnen das wahre Ausmaß ihres Erfolges bewusst geworden, als bei ihrer Plattenfirma die Champagnerkorken knallten: Sie waren auf dem ersten Platz der offiziellen deutschen Albumcharts gelandet. Als ihnen dann noch Platin für ihr Album verliehen und sie für zwei Echos nominiert wurden, war für Adoro das Glück kaum zu fassen.