Vier Jahre Pause zwischen einem Debütalbum und seinem Nachfolger verstreichen zu lassen. Das klingt nach einem sicheren Rezept für ein Desaster. In den heutigen schnelllebigen Zeiten verschwindet man so im Nu wieder vom Radar der Popwelt. Doch die farnzöische Theaterschauspielerin und Sängerin Berry hat genau dies getan. Jetzt meldet sie sich mit ihrem zweiten Album “Les Passagers” zurück. Und siehe da: es steht in Nichts ihrem fabelhaften Debütalbum nach, für das sie in ihrer Heimat 2008 Gold erntete.
Berrys Erfolgsrezept für “Les Passagers”: Inspiration, Improvisation und Intuition
Maßgeblichen Anteil daran haben zwei Kooperationspartner: der Jazzpianist und Komponist Manouche und Gitarrist Lionel Dudognon, der über ein schier enzyklopädisches Musikwissen verfügt. Beide hatten schon Berrys faszinierendem ersten Album “Mademoiselle” ihren Stempel aufgedrückt. Und wie damals gingen sie auch diesmal wieder mit der Sängerin für einige Monate in Klausur, um am Material für das neue Album in Ruhe feilen zu können. In der entspannten und inspirierenden Atmosphäre konnten sich aber auch Improvisationen entfalten. Laut Berry sind diese Songs, die hier so rund, sorgfältig ausgearbeitet und perfekt klingen, in Wirklichkeit das Produkt einer Folge von intuitiven Ideen und glücklichen Zufällen.
Never change a winning team
Das Einzige, was von Anfang an feststand, war, dass man auch diesmal wieder mit demselben Team arbeiten wollte wie auf “Mademoiselle”: zu diesem zählt das unzertrennliche Rhythmusgespann aus Bassist Laurent Vernery und Schlagzeuger Denis Benarrosh, das zu Frankreichs feinsten gehört, und der legendäre brasilianische Arrangeur Eumir Deodato (Frank Sinatra, Astrud Gilberto, Björk).
Neue Partner: Daniel Darc (Taxi Girls), Troy Von Balthazar (Chokebore) und Johan Delgaard (Benjamin Biolay)
Natürlich waren sich Berry und ihre musikalischen Partner bewusst, dass sie nicht einfach einen Neuaufguss des ersten Albums abliefern konnten, sondern einige Änderungen vornehmen mussten. Und so holten sie zum Beispiel in den Songwritern und Sängern Daniel Darc und Troy Von Balthazar sowie Keyboarder Johan Delgaard aufregende neue Mitstreiter an Bord. Der aus Dänemark stammende Delgaard arbeitete in seiner Wahlheimat Frankreich schon mit Größen wie Benjamin Biolay, Johnny Halliday, St. Germain, Ayo und Keren Ann. Er verleiht den Songs hier zusätzliches Leben und eine gewisse Patina, die Berry sofort begeisterte. Darc, der bereits in den 1980ern mit der New-Wave-Band Taxi Girls erfolgreich war, schrieb mit Manou den Titelsong des Albums, der eine augenzwinkernde und unüberhörbare Anspielung auf Iggy Pops Klassiker “The Passenger” ist. Troy Von Balthazar wiederum ist Mitglied der amerikanischen Indie-Rock-Band Chokebore, die sich 2009 nach vier Jahren Auszeit wiedervereinte. Diese Pause nutzte der Multiinstrumentalist, um in Europa zwei Soloalben aufzunehmen. Vor vier Jahren trat er bei einigen Konzerten im Vorprogramm von Berry auf. Nun bedankte er sich dafür mit der Zusammenarbeit bei dem Song “Like A River”, dem er er einen dämmrigen Country-Music-Charme verlieh.
Die selben musikalischen Ingredienzen, aber in spannender neuer Mischung
Auf “Les Passagers” zeigt sich Berry deutlich weniger kontemplativ als auf “Mademoiselle”. Die Grundingredienzen ihrer Musik mögen sich nicht allzu sehr verändert haben, aber ihre Mischung klingt diesmal spannender, frischer und abwechslungsreicher.